Barden, jetzt aber richtig – eine beinahe universelle Hausregel oder so

Logo RSP Karneval 250pxBeim Karneval geht es noch immer um Musik.

In unserem Editorial am vergangenen Sonntag haben wir dazu angemerkt, wie schade es doch eigentlich ist, dass Musik scheinbar oft nur so eine untergeordnete Rolle nicht etwa am realen Spieltisch, sondern in der fiktiven Spielwelt spielt.

Und das obwohl es mehr als genug Beispiele aus der Phantastik gibt, in denen Musik wieder und wieder, mal beiläufig und mal ganz zentral bemüht wird. Ganz davon zu schweigen, dass Musik wohl zweifelsohne unser eigenes Leben entscheidend prägt.

Wie lässt sich dieser Mangel an Musik im Spiel aber beseitigen?

Am Sonntag war die Botschaft allerdings erst einmal, es „einfach so“ zu tun, durch simple Anpassung der eigenen Beschreibung:

Als Spieler einfach häufiger daran zu denken, dem Krieger eine Flöte mit auf die Ausrüstungsliste zu schreiben, in der Hintergrundsektion des Mobile Suit-Piloten seinen Lieblingssong zu notieren, oder auch mal einen Fertigkeitspunkt für Singen zu „opfern“.

Und als Spielleiter Gegner auch einmal ein Lied schmettern, anstatt sie nur grunzen und schreien zu lassen, oder einen NSC durch seine Instrumentenwahl zu charakterisieren, und bei der Beschreibung einer neuen Kultur nicht nur auf die Gerüche fremdartiger Gewürze und die Farben exotischer Roben einzugehen, sondern auch die Klänge unbekannter Musik nicht zu vergessen.

Das war Sonntag.

Aber es gibt natürlich ganz offensichtlich noch eine andere Methode, Musik im Spiel zu fördern.

Eine, die wir alle kennen (und die sonntags auch schon beiläufig Erwähnung fand):

Musik soll etwas machen.

Beziehungsweise, Musiker sollen etwas machen (können).

Mit harten Regeln also.

Das klassische Beispiel hierfür sind in meinen Augen Barden (Zaubersänger, Troubadoure, Skalden – wie die jeweilige setting- beziehunsgweise systemspezifische Iteration nun jeweils heißen mag).

Obwohl ich Barden und Konsorten mag, haben sie meiner Erfahrung nach allerdings ein Problem – oder zumindest wird ihnen eines häufig einmal angelastet.

In vielen Fällen sind sie – regelbedingt – eher Generalisten, können viel aber dafür das meiste nicht richtig, und dafür werden sie, wenn nicht direkt von den Regeln, dann doch von vielen Spielern abgestraft (über für und wider kann gestritten werden).

Das, was der Barde kann, erscheint nicht als hervorragend genug, um die Wahl (als gespielten Charakter) zu rechtfertigen.

(An dieser Stelle darf und soll sich jeder seine Lieblingsausnahme von dieser Behauptung hindenken.)

Offensichtlich kommt nun nach diesem weiten Rundumschlag von einer Vorrede ein Vorschlag für eine Hausregel, die das alles ändern soll.

Hier ist sie:

Barden bringen einen Erfahrungsbonus. Der ganzen Gruppe. Fertig.

(Wie genau dieser Bonus aussieht, ob Barden ansonsten unverändert bleiben oder als Kompensation irgendwo schlechter (oder doch noch besser?) werden sollen und so weiter, hängt dann am einzelnen System.)


Was mir an dieser Idee so gefällt ist unter anderem ihre Universalität. Irgendeine Form von Erfahrungsmechanismus (und oft genug sehr, sehr ähnliche) findet sich wohl in der großen Mehrzahl der Systeme, in denen das ganze Thema überhaupt relevant wird.

Für manche Systeme wurde zwar, als wir im d6ideas-Team über die Idee gesprochen haben, gleich vorgeschlagen, doch lieber einen Bonus auf Gummi- statt auf Erfahrungspunkte zu geben, aber das Prinzip bleibt immer noch gleich: Die hervorragende Fähigkeit des Barden ist es, die Belohnung, die die ganze Gruppe für ihr Tun erhält, zu erhöhen.

(Das ließe sich sogar noch weiter variieren – wenn die „Belohnungsboni“ beispielsweise die Gestalt von zusätzlichen Schätzen oder vielleicht Gefolgsleuten annehmen sollten – wobei das schon ein wenig wässrig wird.)

Das Andere, was mir gefällt, ist dass das in vielen Systemen eine sehr „eigene“ Fähigkeit ist. Eine solche direkte Manipulation des Erfahrungsmechanismus ist zumindest unter den Spielen, die mir als Ziele für diese Regel in den Sinn kommen, selten im Standardrepertoire zu finden.

Der Barde bekommt also etwas, was einerseits sehr nützlich (mächtig) ist, andererseits nicht plump andere („fremde“) Fähigkeiten kopiert (was der potentielle Beigeschmack von hypnotisierenden magischen Flötentöne oder die Kampfmoral steigernden Schlachtgesängen ist).

Die Vorstellung passt für mich auch perfekt ins musikalische Thema. Denn egal ob ich diesen Erfahrungszuwachs nun dem größeren Ruhm der Helden oder ihrer wachsenden Einsicht zuschreibe, immer sind es die Lieder des Barden über das Erlebte – in einem Fall vor großer Menschenmenge vorgetragen, im anderen Fall zu nachdenklichen Mienen am eigenen Lagerfeuer –, die diesen Zugewinn bedingen.

Ein Nachteil der ganzen Sache, der in unserer Teamdiskussion dazu sofort thematisiert wurde, ist natürlich, dass es sich um eine grundlegend „passive“ Fähigkeit handelt.

Der Barde bewirkt zwar etwas – sogar etwas Einmaliges und Nützliches – aber er tut nichts. Nicht „aktiv“, im Sinne einer spannenden, mitreißenden, überhaupt nur besonderen Handlung im üblichen Spielgeschehen. Es ist ja eben gerade kein besonderer Kampfeffekt, keine Sonderfähigkeit mit der eine spezielle Spielszene oder –situation dominiert wird.

Es ist eine reine Unterstützungsfähigkeit, und zwar eine nur langfristig anwendbare und wirksame.

Kurz: Es gibt kein unmittelbares Erfolgserlebnis.

Im schlimmsten Fall ist der Barde auf diese Weise also ein Charakter, den man „rechnerisch“ braucht, den aber niemand spielen will.

Dieser Kritik gibt es auch gar nichts entgegenzusetzen.

Außer vielleicht die Tatsache, dass der Stellenwert, der einer „Unmittelbarkeit des Erfolges“ beigemessen wird, natürlich von Spieler zu Spieler unterschiedlich sein kann.

Aber das ist schon wieder so ein Thema für sich, und noch dazu ein gerade wenig karnevalsrelevantes…

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