Murmelwelten: Vier

Murmelwelten
Auch wenn es seit Längerem keinen Eintrag in der Murmelwelten-Reihe mehr gab, hat mich das Thema dennoch weiterbeschäftigt (und zumindest über Ideas Overflows auch Erwähnung hier im Blog gefunden).

Unter den bislang direkt im Rahmen der Suche aber auch in anderen Artikeln aufgeworfenen Ideen für eine Beispielwelt für Beutelschneider, sind es derzeit die für diesen Artikel hier namensgebenden vier, die mich selbst am meistens ansprechen, und die ich jetzt noch einmal nebeneinander stellen möchte, um damit eine Ausgangsbasis für eine Entscheidung zu liefern.

Vier mögliche Murmelwelten, in absteigender Weirdness:

  1. Die kosmische Brücke, skizziert in diesem Overflow und seinen Kommentaren und aufgegriffen in diesem und diesem Artikel, hat sich vollends zu einer non-euklidischen Irrwelt entwickelt, in der das Spiel auf einer sich durch die Leere des Weltraums schlingenden Brücke stattfindet, deren Brückenpfeiler in unvorstellbarer Tiefe auf fremden Planeten fussen, die durch pseudo-relativistische Effekte ebenso wenig erreichbar sind, wie die Bewohner der Brücke niemals an einen Brückenabschnitt zurückkehren können, den sie einmal hinter sich gelassen haben (zumindest nicht ohne diesen Ort durch Jahrhunderte der Abwesenheit völlig verändert vorzufinden, selbst wenn sie selbst meinen, nur wenige Minuten fort gewesen zu sein). Die endlose Länge der Brücke selbst ist Heimat zahlloser Kulte und Kulturen, von denen sich viele um kaum verstandene Vorstellungen vom Zweck der Brücke, von ihrer Entstehung, und von der kontinuierlichen Arbeit ihres Bauherren drehen, denn nach einhelliger Meinung ist die Brücke unfertiges, gibt es irgendwo ein in die Leere hineinragendes Ende, das langsam, Stein für Stein einem noch unerreichten, vielleicht in Ewigkeiten unerreichbaren Ziel entgegenwächst. Als Wanderer auf der Brücke kreuzen die Charaktere die Wege anderer Reisenden und die Herrschaftsgebiete der Kulte und Völker, die einzelne Abschnitte für sich beanspruchen, und werden in die dortigen Händel hineingezogen, während sie stetig dem unbekannten Ende und dem Bauherrn oder dem ebenso unbekannten Anfang und Ursprung der Brücke zustreben. Dieses Konzept passt mit der „Dokumentationslosigkeit“ von Beutelschneider extrem gut zusammen, in dem das Voranstreben auf der Brücke auch eine Episodenhaftigkeit eventueller besonderer Regeln und Kreaturen für einzelne Brückenabschnitte betont.
  2. Die Alchemistenkriege, angerissen in diesem Overflow, sind zwar etwas bodenständiger als die Brücke, aber ihre große Kulisse ist dennoch eine Welt, deren kosmische Triebräder offen gelegt – und zerbrochen – sind (eine der zentralen Inspirationen für die Alchemistenkriege ist dieser klassische Holzstich, der den Mann zeigt, der am Rand der Welt seinen Kopf unter dem Himmelszelt durchsteckt, um die Sphären dahinter zu betrachten), Löcher klaffen im Himmel, durch die die Zahnräder und Bahnen der Sphären zu sehen sind, und Risse ziehen sich durch die Erde, in denen die Röhren und Gestänge ihrer eigenen Konstruktion erkennbar werden. Vor dieser großen Kulisse aber finden eher gewöhnliche Ereignisse und Auseinandersetzungen statt, während jedoch gleichzeitig die Nachfahren der Verursacher dieser Verwüstung sich bemühen die so bloßgestellten Urkräfte des Universums zu verstehen und zur Fortsetzung ihres Macht- und Vernichtungswahnes in ihrem Sinne zu manipulieren. Es bieten sich dadurch Möglichkeiten Bausteine wie die Kriegsregeln von Beutelschneider zentral zu platzieren, aber auch eigene Regeln, beispielsweise zur Abbildung der Weltmechanik, zu entwickeln und ihnen Gewicht zu verleihen, zudem ist das Konzept so breit, das sehr viele, sowohl der einfacheren als auch der bizarreren, vorhandenen Beutelschneiderbausteine in ihr Platz finden könnten. (Kudos an Clawdeen, auf deren „Robotern, Golems & Kunstwesen„-Karnevalsthema die Verknüpfung von Beutelschneider mit sowohl Alchemisten als auch mechanischen Monstrositäten überhaupt erst zurückgeht.)
  3. Die Sonnenlande, vorgestellt in diesem Murmelwelten-Artikel, sind traditionell mit Beutelschneider verknüpft, was in Bezug auf die Suche nach einer Beispielwelt gleichzeitig Fluch und Segen ist. Es ist eine Fantasyendzeit, in der sich eine Menschheit, die geglaubt hat ihre übernatürlichen Feinde überwunden zu haben, sich selbst auf allen Ebenen von innen heraus zerfleischt, und von den aus ihren Verstecken zurückkriechenden alten Schrecken heimgesucht wird, während neue, unbekannte Mächte ein tatsächliches Ende, nicht der Gesellschaft oder der Menschheit, sondern der Welt einzuläuten scheinen.
  4. Der Standard, fällt ein wenig aus der Reihe (ausgerechnet!), weil die Idee weniger konkret ist als die anderen. Es ist die Vorstellung einer „gewöhnlichen“ Fantasywelt, mit allem, was in einem „gewöhnlichen“ Fantasyrollenspiel dazugehört, Zwergen und Elfen, Drachen und Untoten, mächtigen Magiern und zwielichtigen Zauberern, ein wenig ausgestaltet und in bester Heartbreakermanier mit ein oder zwei auffälligen Eigenheiten versetzt (wobei mir derzeit die Drogenzwerge hierfür am meisten zusagen). Eine Illustration, das Beutelschneider als „reguläres“ Fantasyrollenspiel funktioniert, aber nicht ganz ohne ein paar eigene Elemente, um die Ansichtswelt selbst nicht völlig beliebig zu machen.

Meinungsäußerungen gerne in den Kommentaren, während ich versuche das mit mir selbst auszumachen.

2 Kommentare


  1. Als explizite Murmelwelt sprechen mich die Sonnenlande nach wie vor am meisten an, weil hier der Hintergrund einfach so stimmig zum Murmelmaterial passt.

    Das ist aber kein Grund, nicht die anderen Ansätze weiterzudenken. Wenn die kosmische Brücke langsam aber stetig weiterwächst, ist damit denn auch gesetzt, dass sie auf der anderen Seite ein Ende, einen Ausgangspunkt haben muss? Vielleicht vermag die Brücke nur zu wachsen, eben weil sie am anderen Ende vergeht (und sei es nur aus dem schnöden Grund, dass das Baumaterial ja irgendwoher kommen muss). Das würde auch das Element stärken, dass ein verlassenes Brückenelement nicht mehr erneut besucht werden kann – liegt dieser Effekt wirklich an den pseudo-relativistischen Effekten von Raum und Zeit dieses Ortes, oder sind vielleicht seine Bewohner genau wie die Brücke aus irgendeinem Grund gezwungen, immer vorwärts zu wandern und ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen?

    Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass dieses Szenario mich ungeheuer an Los Muertos erinnert, bei dem man ja auch nur den Weg nach vorne durch das aztekische Totenreich kennt – oder Resignation.

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  2. In absteigendem Interesse

    Sonnenlande ist einfach gut.

    Die kosmische Brücke ist interessant. Da könnte man den Murmeln vielleicht sogar noch abstraktere Sachen zuordnen als Kampf, Geschick und Magie.

    Beim Standard find ich es halt spannend, dass die „Klasse“ des Charakters halt fließend durch den Beutel bestimmt wird und man sich während seiner Abenteuer Laufbahn halt neu erfinden kann (aber das ist ja ein generelles Feature vom Beutel). Rassen wären halt wahrscheinlich für irgendwelche Boni gut. „Zwerg: Immer wenn du heilst darfst du eine der gezogenen Murmeln mit einer schwarzen aus dem Würfel ersetzen“. Oder so.)

    Die Alchemistenkriege gehen mir irgendwie gar nicht rein.

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