Die vermutlich geläufigste Umsetzung sogenannter Gummipunkte dürfte wohl
die als Vetoressource sein, die es erlaubt, nachdem ein bestimmtes Ergebnis im Spiel ermittelt wurde, dieses Ergebnis zu negieren und durch ein anderes zu ersetzen, ganz klassisch beispielsweise den Tod eines Charakters mit dessen Überleben zu überschreiben.
In dieser Form wird der Einsatz der Gummipunkte ans Ende gestellt. Sie eröffnen die Möglichkeit den Verlauf der Geschichte post hoc zu verändern. Das bedeutet auch, dass ihr Einsatz effektiv nicht mit einem Risiko behaftet wird. Ganz im Gegenteil stellen sie ein zuverlässiges Mittel dar, Risiken und Zufall zu negieren.
Aber lässt sich statt mit Risikonegierung mit Risikovermeidung arbeiten? Und welchen Effekt hätte das?
Wenn für eine gewisse Zeitspanne bestimmte Ergebnisse von vornherein ausgeschlossen wären, anstatt sie im Nachhinein modifizieren zu können?
Wenn wir hierfür die Zeit der „Unverwundbarkeit“ (der Einfachheit bleiben wir bei diesem auf Charaktertod und dessen Verhinderung bezogenen Beispiel) in den abstrakten Einheiten eines Regelsystems messen, in Szenen, Rasten, Kampfrunden oder dergleichen, und die zur Verfügung stehende Zeit als eine einteilbare Ressource verwenden wollen, es also eine aktive Entscheidung der Spielenden erfordert, ob eine gerade begonnene Zeiteinheit „geschützt“ sein soll (oder nicht), dann führt dies wieder ein gewisses Risikoelement ein, in dem die Ressource nicht mehr sicher im relevanten Moment (dann, wenn tatsächlich ein „Todesereignis“ eintreten würde) zur Verfügung steht, sondern stattdessen auf die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines solchen Ereignisses gewettet werden muss (vielleicht kommt es im geschützten Intervall gar nicht zu – ohne Schutz – fatalen Ereignissen). Gleichzeitig ist die Absicherung innerhalb des Intervalls gegebenenfalls eine stärkere, da nicht mehr gegen ein Einzelereignis sondern gegen alle möglichen Ereignisse innerhalb des Intervalls versichert wird.
Denkbar wäre aber auch, die Unverwundbarkeit ohne Entscheidung über ihre „Aktivierung“ über einen gewissen Zeitraum laufen zu lassen, wobei dieser Zeitraum sich sogar auf die am Spieltisch verstreichende Zeit beziehen könnte – letzteres könnte es so in den ersten drei Stunden eines auf vier Stunden angelegten Abenteuers per definitionem unmöglich machen, dass die Charaktere sterben. Ein solcher Ansatz bietet kein Entscheidungs- und damit verbundenes Risikoelement. Er könnte andererseits aber, durch die für die Charaktere geradezu buchstäblich tickende Uhr, ein (wachsendes) Gefühl von Dringlichkeit und Hast vermitteln und/oder einen (terminierten!) Wechsel von einem aktionsgeladenen, rücksichtlosen Stil auf einen vorsichtigen, zurückhaltenden provozieren.
Und das „haltet sie auf!“ des bösen Herrschers an seine Schergen bekommt so nebenbei auch noch eine ganz eigene Bedeutung.
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Eine interessante Idee! Ich Spiele nicht häufig Systeme mit Gummipunkten, aber wenn es das nächste mal soweit ist, werde ich mir überlegen, ob ich die modifizierte Variante mal teste.