Schon in den Schlussbemerkungen von Beutelschneider (hier im pdf der Sklavenmarkt-Edition) bin ich auf die einfachen Möglichkeiten eingegangen, durch geänderte Fähigkeiten hinter den Murmeln und entsprechend verlagerte Herausforderungen und Auseinandersetzungen die Inhalte des Spiels zu steuern bis hin zur Auswahl anderer Genres als der eher traditionellen Fantasy, die Beutelschneider in seiner Grundform impliziert.
In den Zusatzartikeln zu Beutelschneider habe ich diese Möglichkeiten bisher aber kaum weiter thematisiert. Der Grund ist die Sorge um die Kompatibilität und Kombinierbarkeit der einzelnen Module, denn eine so basale Umstellung stellt die ansonsten weitgehend gegebene freie Verwendbarkeit der diversen Bausteine miteinander in Frage – nicht einmal zwangsläufig mechanisch, aber schon beinahe naturgemäß inhaltlich.
Kompatibilität hin oder her geht mir aber eine konkrete Idee für eine Modifikation auf dieser Ebene zur Zeit nicht aus dem Kopf.
Der Kern von Beutelschneider lässt sich gleichermaßen auf einen Task- als auch auf einen Conflict- oder Scene-Resolution-Ansatz anwenden, so lange diese nur entlang der drei Fähigkeiten Geschick, Kampf und Magie beziehungsweise Kombinationen (über gemischte Auseinandersetzungen und ungliche Auseinandersetzungen oder Herausforderungen) gedacht und umgesetzt werden. Zentral ist damit immer die Frage nach dem „was?“. Was tust du?
Woran ich nun denke ist, stattdessen die nach dem „wo?“ ins Zentrum zu rücken.
Dazu legen wir uns zum einen darauf fest, statt Handlungen Szenen als das bestimmende Element zu setzen und sie insbesondere zur Maßgabe für die Bestimmung von Fähigkeiten zu machen.
Obacht! Das setzt nicht zwangsläufig voraus auch tatsächlich mit Scene-Resolution zu arbeiten, auch wenn es sich anbietet – innerhalb der Szene könnten durchaus einzelne Handlungen über separate Auseinandersetzungen oder Herausforderungen aufgelöst werden, Schlüsselphrase auch dann aber „innerhalb der Szene“.
Szenen werden in verschiedene Arten unterteilt und jede dieser Arten von Szenen machen wir dabei an einer Mischung aus Schauplatz, Inhalt und verbundener Stimmung fest.
Die Art der Szene bestimmt die geforderte Fähigkeit (die dementsprechend auch nach den Szenearten benannt werden) für alle Auseinandersetzungen und Herausforderungen während der Szene (siehe auch Hinweis zu Scene- und Task-Resolution oben). Dies gilt – da ja die Szene selbst das bestimmende Element darstellt – für alle an der Szene beteiligten Figuren.
Gemischte und ungleiche Auseinandersetzungen und Herausforderungen werden damit weitestgehend bedeutungslos (könnten aber eventuell immer noch genutzt werden, um Übergangs- und Veränderungsszenen, bei denen die Bedeutung eines Ortes oder die mit ihm verbundenen Gefühle sich grundlegend wandeln oder zu wandeln drohen, zu unterlegen).
Dem Spielmaterial entsprechend sind es wieder drei Fähigkeiten und mithin gleichzeitig Arten an Szenen/Schauplätzen, die unterschieden werden.
Heim, im Beutel repräsentiert durch grüne Murmeln, sind Szenen, deren Schauplatz das Heim, das häusliche, das vertraute Umfeld ist. Heim bedeutet Familie, Gemeinschaft und ist auch im Sinne von Alltag zu verstehen.
Krieg, im Beutel repräsentiert durch rote Murmeln, sind Szenen, deren Schauplatz das Schlachtfeld, das Heerlager, die Marschroute ist. Krieg bedeutet einen entwurzelnden Ausnahmezustand, Kameradschaft und Feindschaft.
Mysterium, im Beutel repräsentiert durch blaue Murmeln, sind Szenen, deren Schauplatz das Fremde, Unerklärliche, das Andersweltliche ist. Mysterium bedeutet Entrückung, Erweckung, Erkenntnis, aber auch Unverständnis, Dunkel, Entsetzen.
Wichtig ist, das Ort und Bedeutung des Ortes zusammengesehen werden, um über die Einordnung der Szene zu entscheiden.
Das eigene Haus ist Heim, ob bei Haus- und Feldarbeit, bei der Verteidigung des Hauses gegen auf Blutrache sinnende Nachbarn, oder bei der Beschwichtigung der Herdgötter. Das Schlachtfeld ist Krieg, ob beim Schlachten mitten im Getümmel, beim Auskundschaften des Geländes, oder bei der Versorgung Verwundeter und der Beerdigung der Toten.
Ein Wald kann beispielsweise Heim sein, wenn die Figur dort Schweine hütet oder Holz sammelt, oder Krieg, wenn dort Armeen aufeinandertreffen, oder ein Mysterium, wenn die Figur nachts dorthin geht um dem Regenwurmgott zu opfern. Wenn die Figur beim Schweinehüten im Wald über feindliche Kundschafter stolpert, ist es aber immernoch eine Heim-Szene, denn es ist ja gerade der heimatliche Wald, in dem dies passiert (der Schweinehirt, mit 12 grünen Murmeln im Beutel, wäre hier dementsprechend auch – Heimvorteil! – den marodierenden Söldnern mit ihren 10 roten aber nur 2 grünen Murmeln haushoch überlegen).
Die Verfolgung eines Viehdiebes (Heim) ist etwas anderes als für die nächsten sechs Monate mit dem Rest des Aufgebots ins Feld zu ziehen (Krieg).
Wo (auch ein metaphorisches wo) nicht was.
Weil das Ganze aber so eine radikale Sonderform ist, werde ich sie wohl vorerst über diesen Konzeptartikel hinaus nicht weiterverfolgen, dafür ist mir, wie einleitend bemerkt, die Kompatibilität und Kombinierbarkeit der Bausteine zu wichtig.