yandere: Haben wir zu dem Thema überhaupt was? Das scheint mir etwas abstrakter zu sein, als den Kram den wir normaler Weise so machen.
blut_und_glas: Ich finde auch, dass das schwierig ist. Am ehesten, denke ich, können wir quasi exemplarisch einige unserer… gegenständlicheren Artikel zitieren und erläutern, inwiefern sie zur Spannung beitragen/genutzt werden können an der Spannungsschraube zu drehen. Also eine Kommentierung (um nicht zu sagen: eine Rezension) unserer eigenen Werkzeuge/Bauteile. – Oder wir finden doch etwas direkt Anwendbares, was immer das auch sein mag (kann ich mir aber gerade schwer vorstellen).
yandere: Ich mag das Bild von uns beiden, die als nüchterne Sportreporter ihren Blog kommentieren… Aber was tatsächlich passen könnte, ist UMS. Es ist eine laufende Kampagne, also kann man da die Spannungsschraube wohl am ehesten wahrnehmen.
blut_und_glas: Findest du? Ich weiß nicht so recht, ob die Spielberichte Episodenreviews dafür wirklich passend geschrieben sind – wir tendieren ja schon eher zu Nacherzählungen der Handlung, und nicht zur Analyse des Spielablaufs – die gibt es, wenn überhaupt, im Fazit am Ende und dort dann nur in sehr knapper Form. Und um die Manipulation der Spannungsschraube sichtbar zu machen, wäre doch eigentlich genau so eine Analyse angezeigt – warum war was spannend? Was hat wer getan, um es spannend zu machen?
yandere: Hmmm… stimmt. Ich glaub das is das Problem wenn man irgendwie selber in der Runde sitzt. Man weiß halt viel, was nicht im Internet seht.
blut_und_glas: Deshalb ja die Idee der zusätzlichen Kommentierung – immerhin schreiben wir die ja im Internet.
yandere: Dann fangen wir doch einfach mal an… In medias res sozusagen… Volle Deckung!
Volle Deckung! – 10 Tode aus der Ferne
blut_und_glas: Das unter „Spannungsschraube“ abzulegen läuft dem Artikel in gewisser Weise geradezu diametral entgegen. Mit ein Auslöser war ja eine Abwehrreaktion gegen die Implikation, dass Krieg im Rollenspiel nur als „Abenteuer Krieg“ (Hurrah! Spannend!) seinen Platz haben dürfe. Für den jetzigen Karneval müsste also entweder ein negativer Spannungsbegriff ins Zentrum gerückt werden (Anspannung, auch: unerträgliche Anspannung, Warten auf/Erwartung eines Endes), …
yandere: Gibt es so etwas überhaupt? Ich meine Spannung ist jetzt inherent keine positive oder negative Eigenschaft und ich denke, dass viele Leute auch solche Art von Spannung als positiv wahrnehmen, sonst könnte ich mir den Erfolg von Game of Thrones und Attack on Titan kaum erklären, wo quasi jeder auf der Abschussliste steht.
blut_und_glas: Das kommt jetzt ganz schnell in den Bereich der unseligen (Spiel-)spaß-/Unterhaltungs-/Motivationsdiskussion. Wollen wir das wirklich?
yandere: Ich bin mir nicht so ganz sicher ob ich die als so unselig empfinde… Unterschiedliche Leute finden unterschiedliche Sachen gut. Game of Thrones könnte langweiliger für mich nicht sein, Attack on Titans ist dafür ziemlich spannend. Und ich hab sie beide gerade angeführt um zu sagen, dass Beliebigkeit von Toden oder Tod ansich ein Spannungselement sein kann.
blut_und_glas: Das ist jetzt der oder-Part, der oben zu meinem „entweder“ gehört hätte. Natürlich kann diese Beliebigkeit – übrigens auch als ein Taktgeber, ein Mittel um Dringlichkeit, um Zeitdruck zu erzeugen (wie wir es bei positiverer Lesart auch im im Artikel verlinkten Ausgangsszenario suchen können) – als spannend wahrgenommen werden. Das wäre gleichzeitig in meinen Augen aber auch in gewissem Sinne eine etwas neutralere, distanziertere Herangehensweise. Die „negative“ (negativ konnotierte) Spannung wollte ich tatsächlich auf die Abwehrhaltung zum „Abenteuer Krieg“ bezogen wissen – als ein Ausdruck oder Element eines Antikriegsspiels, wenn du so willst.
yandere: Ich versteh schon wie du den Artikel gemein hast, eben als Gegenpunkt zum “Abenteuer Krieg”. Das ändert aber nix daran das dieser Gegenpunkt eben auch als spannend wahrgenommen werden kann, ganz wie der “Abenteuer Krieg” inherent spannend ist weil es ist halt ein großes Abenteuer. Natürlich kann man auch Abstufungen zwischen beiden Extreme haben… Muss es wahrscheinlich sogar! Sich einen Tag wie ein Held fühlen der hier fürs Vaterland was reißt nur um am nächsten Tag einer neuen Gruppe zugewiesen zu werden, weil alle Kameraden grade drauf gegangen sind. Ich glaub was ich sagen will ist das “one note” langweilig ist und man eben ein Spannungsfeld braucht um Sachen spannend zu machen.
blut_und_glas: Wir reden aneinenader vorbei, glaube ich. Beziehungsweise sagen wir (fast?) das gleiche.
Ich gebe dir recht, da steckt die Option auf Spannung drin.
Mir war es nur wichtig, darauf hinzuweisen, dass gerade dieser Artikel ursprünglich nicht als reine Anleitung zur Hurrah!-Spannung gedacht war.
Und natürlich kann auch in anderer Auslegung Spannung ein Element sein – vielleicht eben auch eines, um einen leiseren/nachdenklicheren/mahnenderen/… Ton mitzutragen.
yandere: Stimmt, aber ich dachte deswegen Kommentieren wir den Kram, um eben eine weitere Dimension in den Artikel hineinzubringen.
blut_und_glas: Und ich dachte, wir machen das, um die bereits enthaltenen Dimensionen herauszuarbeiten.
yandere: Ich denke Beides ist in dem Fall die richtige Antwort… und ich denke das haben wir in dem Fall auch ganz gut hingekriegt.
blut_und_glas: Sage ich doch: Wir sagen das gleiche.
Was der Artikel im Bezug auf die Spannungsschraube ansonsten auch noch illustriert, ist die Möglichkeit einen Antiklimax zu setzen, einen Spannungsbogen wissentlich abzubrechen – oder einen solchen Zusammenbruch zumindest in Kauf zu nehmen -, was ja auch ein eigener, spezieller Eingriff an der Spannungsschraube ist.
Durchbrechen von Spannung, Entspannung ist überhaupt so eine Sache, von der ich den (vielleicht falschen?) Eindruck habe, dass sie diesen Monat im Karneval keine große Rolle gespielt hat. Dabei geht das auch im Rollenspiel gut von der Hand, …
Besen, Besen! Seids gewesen. – zufällige Hexenfluggeräte für DSA
blut_und_glas: …wenn sich zum Beispiel plötzlich herausstellt, dass die böse Hexe auf einer (52) Marionette heran geritten kommt.
yandere: Ich bin ja immer noch der Meinung, dass die meisten Leute das mit dem Schild (n/m) wahrscheinlich nicht rallen… Allerdings finde ich Marionetten eher gruselig. Geht das nicht mehr in die Richtung von Horror?
blut_und_glas: Ich hatte ja auch gehofft, dass die Würfel meinen Punkt bezüglich humoriger Einlagen als Spannungsbrecher besser unterstützen würden. So stelle ich mir halt mehr so einen lustig-bemalten Pinocchio vor, da passt das schon.
yandere: Der Donnerbalken hätte geholfen.
blut_und_glas: Oder der Biberdamm.
yandere: Ich kann es mir immer noch kaum vorstellen. Ob man so einen Moment der Verwirrung also das Rausfallen aus der Immersion auch als Spannungsbrecher benutzen kann?
blut_und_glas: Definitiv. (Seit dem du mir gerade das Bild von der Hexe mit Marionette netten Dame mit Puppe gezeigt hast, bin ich auch ganz rausgefallen. Wo waren wir?)
yandere: Dass man im Rollenspiel recht einfach an der Entspannungsschraube drehen kann, um den Druck aus dem Kessel zu lassen, sozusagen.
Unknown Mobile Suit – Opening/Ending-Wechsel
yandere: Zu diesem Artikel sollte man vielleicht erwähnen, dass es in Animes üblich ist die Openings und Endings auszutauschen. Klassischerweise so nach 13 Episoden. Es werden dann neues visuelles Material und neue Musik zur Verfügung gestellt. In manchen Fällen, wird sogar jede Folge das visuelle Material leicht oder stark abgewandelt, so dass man sich immer fragen kann, wer sich im Suchbild bewegt hat. Nur mach ich mir grad keinen Reim drauf was das mit der Schraube zu tun hat….
blut_und_glas: …also das frage ich mich jetzt auch. Die Musik wiederum hat mit der Schraube zu tun, da sie sich als Werkzeug zum Drehen benutzen lässt. Das hatte ja schon einen Grund, dass wir so etwas wie Non Je Ne Regrette Rien für den Abschluss und nicht für den Anfang (Spannungsaufbau?) anvisiert hatten. – Hatten wir überhaupt mal etwas entspannendes als Titelmusik in Betracht gezogen?
yandere: Jetzt wenn du so fragst… Nein ich glaube nicht. Wir haben glaub ich immer mit etwas Energie-geladenem gestartet und hatten dann eher entspannenden Kram zum Ende… Jetzt wenn ich so drüber nachdenke machen das viele Serien so.
blut_und_glas: Zur Funktion von Musik für Spannungsauf- (und -ab-)bau gibt es auf jeden Fall sehr viel gelehrtere Ausführungen (aber nicht bei uns). Unser eigenes Herumgeeiere bei der Suche nach passender Musik für UMS war auch mehr als Aufhänger gedacht, die Binsenweisheit, dass das auch im Rollenspiel (begrenzt?) Anwendung finden kann, zum besten zu geben.
Medizinische Systeme – eine erste Untersuchung
yandere: Ich bin ja ein Fan von sozialen Kampfsysteme. Deinen Blick auf ein medizinisches “Kampfsystem” find ich sehr spannend insbesondere weil du in deinen 4 Punkten eben als dritten Punkt Druck anführst. Ein Begriff der zumindest für mich stark mit Spannung verknüpft ist.
blut_und_glas: Das ist dadurch auch vielleicht – gerade so – der einzige unserer Artikel im Archiv, der „tatsächlich“ („direkt“) etwas mit dem Karnevalsthema zu tun hat. … Als solcher dann natürlich auch irgendwie der, zu dem sich jetzt eine weitere Erläuterung und Interpretation erübrigt…
yandere: Mir ist grad aufgefallen, dass wir sehr physikalische Begriffe benutzen um unsere Emotionslage zu beschreiben: Spannung, Druck, Stress, Strom. Woher das wohl kommt?
blut_und_glas: Ist das nicht vielleicht anders herum?
yandere: Das kann natürlich auch sein… Unsere Emotionen die Physik beschreiben. Das klingt irgendwie sehr Nobilis. Aber wir kommen vom Thema ab.
blut_und_glas: Stimmt. Andererseits baut unser ganzes Blog darauf auf, vom Thema abzukommen.
yandere: Welcome to d6ideas – the blog of the easily distracted!.
Unwissentliche Crossover – Geheime Wege in andere Welten
blut_und_glas: Ganz anderer Zugang zum Thema: So wie die im zweiten Teil des Artikels skizzierte Doppelkampagne intendiert ist, kommt hier ein Teil der Spannung aus der Konfrontation mit dem Unbekannten – und zwar konkret dergestalt, dass Elemente in die Spielwelt eingeführt werden, die dort eigentlich nicht hineingehören (über das namensgebende – geheime – Crossover) und alleine deshalb nicht bekannt sein können, weder den Charakteren, noch anderen Figuren, mit denen sie interagieren, noch den Spielern selbst. Ungewissheit – als Spannungselement – realisiert über Unwissenheit.
yandere: Das hat schon wieder so einen Einschlag von Horror. Nicht das Horror nicht spannend sein kann, ich bin nur fasziniert wie schnell man in das Genre kommt, wenn man über Spannung spricht. Vielleicht auch deshalb ein Grund warum es so beliebt unter Rollenspielern ist.
blut_und_glas: Möglich. Wobei das hier natürlich auch konkret daran hängen könnte, dass SLA nun einmal ein Horrorrollenspiel ist. Ganz generell würde ich Spannung durch Wegfall von Sicherheit – in Form von (sicherem) Wissen – aber nicht nur dem Horrorgenre zuschlagen. Wir hatten uns ja zum Beispiel schon ein paar Mal darüber unterhalten, wie sich Informationsunsicherheit auf das Spiel auswirkt und bei den Ansätzen für unsichere/fehlende Informationen in Bezug auf die Regeln (i.e., dass den Spielern absichtlich und gezielt bestimmte Regeln nicht zugänglich gemacht/vorenthalten werden) war nie das Horrorgenre im Spiel (da ging es bei den Beispielen ja eher in die militärisch-historische oder auch in die Science-Fiction-Richtung). – Passenderweise war dein erster Ausruf, beim letzten Mal, als ich das Konzept der kompletten Regelverblindung wieder aufgeworfen habe, „spannend!“, wenn mich die Erinnerung nicht trügt.
yandere: Ich weiß, ich hab auf jeden Fall von dem Vorzug hoher Serotonin-Wiederaufnahme gesprochen und je länger ich drüber nachdenke das hat auch was von Horror. Aber ja ich denke das Unwissenheit einen Moment der Spannung erzeugen kann. Wo wir grad bei SLA sind…
yandere:… ich diese BPN ausgesprochen gut finde eben weil hier das Wissen oder eher das in Erfahrung bringen einen Moment der Gefahr also Spannung darstellt und das auch noch gleich auf einer recht persönlichen Ebene.
blut_und_glas: Die spannendste Phase liegt hier aus meiner Sicht im Idealfall ja relativ früh – die Ermittlungsarbeit, wenn die Operatives sich geschickt anstellen (schwer genug) ist relativ trivial, die Spannung – und auch das Gefühl von Grauen – sollte dann dort verortet sein, wo die Operatives und ihre Spieler sich ganz für sich alleine auszumalen beginnen, was da wohl vorgegangen sein mag und wie sie darauf reagieren wollen. Sobald sie sich zu einer Entscheidung durchgerungen haben ist der Rest dann wieder simpel – wobei sich hier natürlich die Spannung über alle möglichen Spiel-/Beschreibungstechniken strecken lässt. Trotzdem ist mit der Entscheidung zum weiteren Vorgehen eigentlich alles gelaufen und es folgen eben nur noch Nachwehen (auch wenn die potentiell tödlich sind…).
yandere: Aber das ist doch bei Spannung immer der Fall. Es kann eben nur ein Moment sein, der dann aufgelöst wird: Der Imperator fällt in den Schacht, dem Drachen wird der Kopf abgeschlagen, sie stehen vor dem Traualtar und küssen sich.
blut_und_glas: Ich wollte mehr auf die Terminierung des Moments hinaus – seinen Spannungshöhepunkt hat dieses BPN eben (potentiell) schon sehr früh.
yandere: Ich glaub, ich hab irgendwann aufgehört, mir Gedanken zu machen, wann solche Höhepunkt auftreten können, weil meistens laufen meine Spieler eh in irgendwelche Richtungen, wo ich keine Schienen gebaut hab.
blut_und_glas: Erst eine Fun-Diskussion und jetzt eine über Railroading? Ich glaube, wir machen hier lieber Schluß, oder?