SLA Industries. Noch so ein Spiel aus meinem Standardrepertoire, dessen Elemente sich problemlos unter das Thema des diesmonatigen Karnevals der Rollenspielblogs, „Magie und Wissenschaft„, stellen lassen. (Andere, wie Blue Planet, erscheinen da ja einmal weniger geeignet.)
Und ebenfalls ein Spiel, das sich, wie zuvor für The Red Star skizziert, diesem Thema aus Richtung einer Industrialisierung, einer Entmystifizierung der Magie nähert. … Oder?
Wo die Wissenschaft in ein Spiel kommt, das sich selbst als „Futuristic Urban Horror“ bezeichnet, liegt scheinbar auf der Hand.
Wo in ihm die Magie steckt, das scheint – trotz Begriffsspielerein, die aus Magie Ebb und aus Mana Flux machen – auch schon nach dem ersten Blick recht eindeutig.
Was übrigens erste Blicke auf SLA Industries angeht:
Ich bin ein wenig enttäuscht, dass in dem kürzlich bei Neue Abenteuer erschienen Systemabriß zwar unser altes Material wie zum Beispiel die SLAB-Hausregelsammlung (memo to my future self: an der neuen Version weiterarbeiten und endlich entscheiden, ob sie nun SLAC oder SLA6 heißen soll) referenziert wurde, aber dann tatsächlich kein Link auf unsere aktuelleren SLA-Aktivitäten hier bei d6ideas zu finden war.
Aber zurück zum Karneval:
Während also die in Form von Ebbkräften vertretene Magie ihre offensichtliche Durchindustrialisierung und Kontrolle erfährt, die sie nicht nur in strukturierte Formeln (hier im wahrsten Sinne des Wortes), sondern in massenproduzierte Wearables komplett mit Akku, Wechselsleeves und Accessoires zwingt, und sie sich so fugenlos in den konzerngesteuerten Konsum(alp)traum einpasst, bleibt sie gleichzeitig als eigene Entität, als eigener Stil, als einer eben jener Lifestyles, deren Angebot den zentralen Claim von SLA Industries (dem Konzern im Spiel, nicht dem Spiel selbst) darstellt („we sell lifestyles“), erhalten.
Ebb lässt sich erkennen, erfassen (auch als Spieler gezielt wählen und anwenden), wollen, kaufen, besitzen. Die Magie verschwindet nicht so sehr in einer Ununterscheidbarkeit von anderen Technologie, als dass sie gerade ihre Unterscheidbarkeit zelebriert und damit als ein Markenprodukt unter vielen im schrillen Hintergrundrauschen des Medien- und Konsumbombardements verschwindet.
Die zentrale Rolle, die das Ebb darüberhinaus für den Konzern einnimmt und seine Behandlung als Lifestyle statt als subversive Bedrohung, die es zu eliminieren gilt (wie etwa Blutmagie…), miterklärt, manifestiert sich dabei nicht nur in Technologisierung und Vermarktung, sondern auch und insbesondere in der Verwaltungs- und Konzernstruktur, wo mit dem Department of Ebb und der Tochter Dark Lament bedeutende Säulen des galaxisweiten Konzernimperiums unter dem Zeichen des Ebb und unter der Kontrolle von Ebbnutzern stehen.
Fast spiegelbildlich dazu lässt sich die Verkörperung der Wissenschaft im Department of Biogenetics und dem Tochterunternehmen Karma wiederfinden, deren Biotechnologien von Drogen bis zu Kunstwesen das Gebäude des Mammutkonzerns ebenso mittragen und -bestimmen.
Dabei nimmt diese Technologie samt der hinter ihr stehenden Wissenschaft selbst schon magische Züge an, was Art und Ausmaß ihrer Errungenschaft angeht.
Und doch steuert dies bei allen Parallelen auf den klassischen Konflikt zwischen Magie und Wissenschaft zu, wenn sich erweist, dass Ebbnutzer keine biogenetischen Implantate erhalten, dass biogenetische Wesen keine Ebbkräfte erlernen können, angereichert noch um den Aspekt der Konzernintrige und Konkurrenz um Ressourcen, Budgets und Marktanteile, wenn Department of Ebb und Department of Biogenetics, wenn Karma und Dark Lament gegeneinander antreten, und mit allen Mitteln ihre Kräfte messen.
Auseinandersetzungen, bei denen Operatives wissentlich oder unwissentlich eben diese Mittel, aber auch nur einfache Zeugen, Nutznießer oder Opfer sein können, denen bei der Schlacht um Innovationspreise neues Spielzeug in die Hände gedrückt wird oder die als Alltagsnutzer von Produkten der Konkurrenz von lukrativen Aufträgen und Mediendeals ausgeschlossen werden – von anderen Möglichkeiten ganz zu schweigen.
Diese Dynamik zwischen Magie und Wissenschaft kann das Spiel endlos vorantreiben, am Tisch genauso wie am Reißbrett für neues Material (so beispielsweise im Falle des DEAD).
Und dabei spielt sich der Konflikt tatsächlich auf einer ganz anderen Ebene ab. Denn während dem ersten Anschein nach hier eine Form von Magie, die das Aussehen von Technologie und Wissenschaft angenommen hat, einer Technologie, die im clarkeschen Sinne in ihren Möglichkeiten nicht mehr von Magie zu unterscheiden ist, sich dennoch als zwei Pole unvereinbar gegenüberstehen, und dieser Anschein dabei so stark ist, dass er zu leicht vergessen macht, was schwarz auf weiß schon im Grundbuch zu lesen steht, dass nämlich die biogenetische Hochtechnologie von SLA Industries selbst tief im Übernatürlichen, im Magischen verwurzelt ist, sind es so am Ende nicht etwa Magie gegen Technologie oder Technologie gegen Magie, sondern zwei Magieformen, und gleichzeitig zwei Technologien, die miteinander in Streit liegen.
(Und letztenendes in Gestalt einer einzelnen Person ihre Vereinigung finden. Aber Senti ist natürlich ein Thema für sich, und ein unerschöpfliches noch dazu.)
In seiner Eigenschaft als Organisator des März-Karnevals hat Feyamius übrigens nicht nur einen Thread im RSP-Blogs-Forum eröffnet, in dem eigene Beiträge vorgestellt und diskutiert werden können, sondern auch damit begonnen auf Nandurion Zwischenzusammenfassungen (wie diese hier) zum bisherigen Verlauf des Karnevals zu veröffentlichen.
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Ich gebe das mal an den Autor weiter
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Hey,
Ja eigentlich kenne ich d6 ideas, aber gucke nur sporadisch rein. Ich pflege das (sehr) gerne in den artikel ein.
Aber wo wir dabei sind. Existiert dein sla item des tages blog noch? Den hätte ich super gerne verlinkt, aber mein google fu wollte nix ausspucken…
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So eine Erwähnung würde mich freuen! Gerade weil der bestehende Materialfundus (zum Beispiel im Forum) nicht mehr gepflegt wird und unser neues Fanmaterial und auch die Aus- und Überarbeitungen von älteren Ideen ziemlich sicher hier landen werden.
Was das Equipment Blog angeht: Aktuell gibt es das online nicht mehr (die Abschaltung hat mich auch ein wenig überrumpelt), aber ich habe vor es – wohl in etwas überarbeiteter Form – zurückzubringen und dann auch weiterzuführen. Wenn es so weit ist, dann werde ich das aber auf jeden Fall hier ankündigen.