Editorial: das Techäffchen spricht

d6ideas_2die4Wie Ihr sicherlich mitgeschnitten habt, hatten wir Probleme mit dem Server und Drupal für ne ganze Weile. Als wir mit dem Projekt anfingen war ich frisch aus der Ausbildung, motiviert (ein ganz seltener Gemütszustand in meinem Leben) und ich dachte wir könnten die Welt mit dem Schweizer Taschenmesser unter den Content Management Systemen erobern. Versprechen wurden gemacht: Wir würden die finale Version bis zum Ende des Jahres 2011 sehen, sagte ich, das Design wäre ein Kinderspiel, lallte ich und der Arbeitsablauf könne gar nicht in die Hose gehen. Ich war jung (damals hatte ich sogar noch eine Zwei als erste Stelle meines Alters), ich war naiv wie eine Cheerleaderin vor ihrem ersten Date mit einem Jock und vor allem halluzinierte ich, dass es Jobs mit unter 30-Stunden-Wochen geben würde, von denen ich leben könnte.

Im Februar machten wir eine Ninja-Migration, quasi einen Mini-Relaunch um einige Probleme anzugehen, die sich im Laufe der Zeit angesammelt hatten. Dieser gutgemeinte Relaunch endete in einem kompletten Desaster: Das Hauptproblem war, dass wir irgendwann nicht mehr per SSH auf den Server zugreifen und nichts mehr darauf tun konnten. Hinzu kam noch die traurige Tatsache, dass ich aus reiner Paranoia unsere FTP-Zugänge auf unsere Home-Verzeichnisse gechrooted hatte und der ganze wichtige Kram auf anderen Teilen des Servers lag. Ums ganz genau zu sagen, wir waren angeschissener als ein Dixie-Klo auf einem Festival.

Letzte Woche Freitag, nachdem ich fast alles ausprobiert hatte, was man ausprobieren konnte, tat ich das Einzige, was mir noch übrigblieb: Ich machte Sicherheitskopien von Drupal und unserer Forum-Software, ignorierte beharrlich die Tatsache, dass noch Legionen von Bildern, die wir für Artikel benutzt hatten, auf dem Server waren und ich keinen Zugang zu ihnen hatte, um sie zu retten. Ich rief den stillen Herrscher an, sagte ihm nicht ganz freundlich er solle die Anhänge des Forums herunterladen und machte mich dann ans Werk, den Server zu löschen und neu aufzusetzen.

Als gutes neophiles Techäffchen machte ich alle Updates, installierte die ganzen notwendigen (und vielleicht gar nicht so notwendigen) Komponenten und zu guter Letzt setzte ich Drupal neu auf. Ich wurstelte mich durch die Einbindung der ganzen Module, die wir im Laufe der Zeit zu lieben (und vor allem zu hassen) gelernt hatten, aber als ich versuchte die Datenbank neu aufzuspielen, stolperte ich über das erste Problem – das neue Backup & Restore-Modul mag ganz augenscheinlich keine bz2- oder gz-komprimierten Backups. Eine kleine Hürde verglichen mit dem Scheiß, der mir später um die Ohren fliegen sollte und nachdem ich die ganze Sache mit schierem Hirnschmalz gelöst hatte (die Datenbank entpacken und die erlaubte Dateigröße für Uploads höherschrauben – jahaaa, ich bin so ein Genie). BÄNGERANG, heiliger SNAFU, Affenjunge, die Datenbank konnte nicht wiederhergestellt werden. Ich tat, was jeder vernünftige Mensch in so einer Situation tun würde: Ich schrie den Bildschirm an, trat gegen einige Sache und ging mir ein Bier holen. Ich war bei meiner Freundin und sie lebt in einem dieser berühmt-berüchtigten  „Sozialen Brennpunkte“, sie haust in einem uralten Haus mit einem Badezimmer direkt aus der Hölle der Siebziger mit moosgrünen/braunen Kacheln und Bronzearmaturen. Ihre Telefonleitung muss eins dieser Experimente aus der Zeit, als man sich noch vor dem Kaiser und keiner Fußballmannschaft verneigte, gewesen sein. Dieses verdammte Ding hat mehr Verbindungsprobleme als Instagram kitschige Filter und hippe Möchtegern-Models hat.

Als ich mit einer Flasche gut gekühltem tschechischen Biers zurückkam (ich habe diesem Reinheitsgebots-Schmonz nie über den Weg getraut) hatte die Internet-Verbindung mal wieder einen Schluckauf: mein SSH-Client hatte die Verbindung verloren und als ich versuchte mich wieder mit dem Server zu verbinden: „Connection refused by Server“ schallte es mir entgegen, er war zurück, der alte Fehler. Ich versuchte es noch ein paar Mal, löschte sogar die Keys aber nada: das Problem war so hartnäckig wie ein alter Kaugummi an der Sohle meiner Lieblingssneaker. (Vans Hightop Oldskool, wenn ihr es genau wissen wollt). Ich tat also die einzige Sache die Sinn machte, ich schrie meine Freundin, ihre Katzen und einmal sogar mich selbst an.

Ich stieg noch einmal in die Tiefen der Neuinstallations-Hölle hinab und das Ergebnis war das Gleiche. Ich bin ein Mann, der für viele Dinge, wie meinen Hass auf Welpen und Kinder, meine Unfähigkeit Sachen zu Ende zu bringen und meinen verkorksten Sinn für Humor, bekannt ist, aber eine Sache, die ich nie verstanden habe, ist Geduld. Also beschloss ich die gesamte Drupal-Geschichte einfach einzutüten, scheiß drauf, soll sich doch ein belgischer Informatiker drum kümmern, das is nich mehr mein Problem. Ich fiel gegen sechs Uhr ins Bett.

Der nächste Tag war ein trüber und verhangener Samstag, den wir hier in Berlin oftmals für Sommer halten, ich war ziemlich zerschlagen, weil meine Freundin diesen seltsamen Fetisch entwickelt hat, gegen zehn Uhr aufzustehen und obwohl sie immer versucht mich schlafen zu lassen (meine Laune wenn ich weniger als zehn Stunden Schlag abbekomme ist ziemlich legendär), beschlossen ihre Katzen, dass ein schlafender Dave nichts weniger als ein Affront gegen ihre Terrorherrschaft sei und fingen an mich als Trampolin und Kratzbaum zu missbrauchen. Während eines eher frugalen Frühstücks aus Café au lait, Rührei und knusprigem Bacon konfrontierte mich meine Freundin mit Versprechen, die ich irgendwann und sicherlich volltrunken mal in der Vergangenheit gemacht hatte. Sie hatte nicht nur den Mumm sich sowas zu behalten sondern auch noch eine „To-Do“ Liste angefertigt, Feind der Menschheit und vor allem von halbgaren trotteligen Lümmeln wie mir. Das Ende der Zeit wird durch To-Do-Listen angekündigt, dessen bin ich mir sicher.

An erster Stelle stand ihr Roller, das arme Ding hatte den ganzen Winter draußen verbracht und war in einem schlechteren Zustand als ich damals, nachdem ich beschlossen hatte, dass es eine ganz prima Idee sei „God saves the Queen“ in einem Irish Pub zu grölen. Sie liebt dieses verdammte Ding wahrscheinlich mehr als mich, sie hasst Menschenmengen und kann auch den öffentlichen Nahverkehr nicht sonderlich ausstehen. Ich zwar auch nicht, aber sie hat einen Roller und ich nur ein Skateboard, was mir nichts nützt, wenn ich meine geliebte Homezone verlassen muss.

Also versuchten wir das Ding wieder auf Vordermann zu bringen, als mir plötzlich einfiel, dass wir dringend ein paar Werkzeuge brauchen, die aus unerfindlichen Gründen bei mir vor sich hin rosteten. Also eilte ich nach Hause (was ungefähr eine dreiviertel Stunde entfernt ist, die Opfer, die ich zwei bis dreimal die Woche bringe, sind unvorstellbar). Zu Hause fiel mir wieder ein, dass morgen ja Sonntag sei und die aufgepeitschten Massen ein Editorial erwarten! Ich war angeschissen. Also trat ich dem Zorn meiner Freundin entgegen (was in Wirklichkeit eher eine sanfte Sommerbrise ist, weil sie nicht böse auf mich sein kann) und machte mich an die Arbeit.

Dieses Mal hatte ich überhaupt keinen Plan, aber ich war entschlossen wie ein Pitbull auf dem Kinderspielplatz. Als erstes setzte ich den Server neu auf und verbiss mich in die Idee, dass der ganze SSH-Kram aufgrund von Updates gegen die Wand klatschte und ich installierte eine ältere Version des Betriebssystems und behielt den Updateprozess genauer im Auge. Plötzlich sprang mich eine Nachricht an, dass Open-SSH ein Update hätte und ob ich es installieren möchte. Ich gebe meistens vor nicht nur Ahnung von dem Kram zu haben, den ich veranstalte, sondern auch, dass ich aufmerksam und konzentriert arbeiten würde, aber die Wahrheit ist, dass ich meistens eine Flasche Bier balanciere während im Hintergrund Musik oder eine Serie läuft und einfach auf Tasten drücke ohne groß zu lesen, was veranstaltet wird. Ich lehnte das Update ab und hielt an meinem Versprechen fest, dass Drupal niemals mehr auch nur in die Nähe des Servers käme und installierte stattdessen WordPress (was wir sowieso vorhatten) und phpbb3 (unsere Foren-Software). Ich startete den Server neu und peitschte meinen SSH-Client an, sich neu zu verbinden. Für qualvoll lange Sekunden passierte genau… nichts! Langsam wurde ich ungeduldig und kurz bevor ich beschloss, alles hinzuwerfen, da ich ja augenscheinlich zu dämlich dafür bin, kam eine Verbindung zustande. Ich hatte es getan. ICH WAR DER GOTT!

Die Konfiguration von WordPress war ein Kinderspiel verglichen mit Drupal; ich konnte sogar eine Handvoll Plugins installieren, die wir schon seit Urzeiten geplant hatten wie ein bilinguales System und eine CMS/Forum-Bridge. Ich fing außerdem damit an, ältere Artikel von meiner lokalen Drupal-Installation in WordPress zu migrieren. (Per Hand – das ist wohl die gerechte Strafe, dass ich nie in meiner MySQL-Klasse aufgepasst habe)

Seitdem ist eine Woche vergangen und ich habe einige Dinge gelernt, über WordPress, mich und das Projekt. Die wichtigste Erfahrung ist die Tatsache, dass ich Teil eines Teams bin, das super ist. Trotz all meiner gebrochenen Versprechen und nicht eingehaltenen Deadlines, sagten sie „Ja, okay, vielleicht ist der ganze Zirkus Deine Schuld, aber Du bist nicht alleine, Alter.“ Anstatt mich mit dem ganzen Migrations-Schmonz alleine zu lassen und sich damit zu beschäftigen neue Artikel herauszubringen, macht das Team Anmerkungen, Verbesserungsvorschläge und bietet sogar Hilfe an, alte Artikel in WordPress zu veröffentlichen. Wir arbeiten zurzeit daran, die alten Sachen so schnell wie möglich wieder zur Verfügung zu stellen, und diskutieren neue Features. Eine dieser Neuerungen kann man an der rechten Seite sehen: Ein Kalender der zeigt welche neuen Artikel wann kommen werden.

Falls jemand weitere Fragen, Ideen oder Beleidigungen hat, die er mir an den Kopf werfen möchte, weiß man ja wo man mich finden kann (oder wenigstens wo man posten muss, damit ich es mitkriege).

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