Shadowrun und fremde Welten – eine Antwort

RSP-Karneval-Januar-2016

Selbst wenn sich das jetzt am Ende wie eine wutentbrannte Replik auf Talasus „Auf zu neuen Welten“ lesen sollte (ich weiß es noch nicht), ist es zumindest nicht gegen seinen verfasser gerichtet. Aber…

Aber:

Er legt mit seinen Betrachtungen über Shadowrun und fremde Welten genauso zielgenau wie – vermutlich – ungewollt den Finger in eine der vielen Wunden, die mein leidvolles – ich möchte fast sagen: passioniertes – Verhältnis zu Shadowrun zeichnen.

Weltenwechsel also. Das von Michael von Weltenbauwissen organisierte Thema („Durch unbekannte Pforten: Wege in andere Welten“ um genau zu sein) des Karnevals der Rollenspielblogs im Januar. Weltenwechsel und Shadowrun.

Das ist eigentlich mein Traumthema. Eigentlich. Dann aber auch wieder nicht. Eher das Gegenteil sogar. Ein Alptraum. Eines dieser Themen, die mich immernoch – immernoch – per Knopfdruck zur Internetweißglut treiben – bewusst ohne „können“.

Wo liegt das Problem?

Bei mir.

Offensichtlich.

Aber für diese Art Einsicht ist mir der Schaum vorm Mund dann doch zu schade, jetzt wo er schon einmal unfreiwillig da ist. Mit dieser Energie muss sich irgendetwas anderes anfangen lassen!
Aber vielleicht lenken wir das trotzdem in etwas strukturiertere, analytischere Bahnen. Kalter Hass statt heißer Zorn. Erstaunlicherweise übrigens auch sehr passend zum Thema. Aber vielleicht komme ich darauf später noch zurück.

Generell gesprochen habe ich mich vom „offiziellen“ Shadowrun, so wie es publiziert ist und wird, im Laufe der Jahre immer weiter entfernt. Das hängt an und äußert sich in allen möglichen Dingen, aber ein ganz zentraler Aspekt ist, dass mich die so oft als das A und O jeden Rollenspiels beschworene Corestory von Shadowrun – das Shadowrunning – immer weniger interessiert. Kürzlich habe ich dazu andernorts einmal angemerkt, dass Shadowrun für mich mittlerweile eigentlich primär als eine Art von Slice-of-Life-Rollenspiel funktioniert.
Das stimmt.
Zur Hälfte.
Denn es gibt noch eine andere Sache, die für mich zum „echten“ Kern von Shadowrun – meinem Shadowrun – geworden ist. Und das sind Weltenwechsel.
Genau die Art von Weltenwechseln, die Talasu aufgreift. Die Art, aber nicht die Weltenwechsel. Denn aus meiner (sehr subjektiven) Perspektive verschenkt die offizielle Ausarbeitung, die Talasu referenziert, das Potential, das in diesen Themen steckt.

Warum?

Um mich zu ärgern!
(Auch.)

Ich sehe zwei Komponenten am Werk:
Die eine ist schlicht der klassische Konflikt zwischen selbst erstelltem Material und kanonischem Material.
Die zweite ist der unterschiedliche Fokus. Das offizielle Material folgt letztlich dem Zweck, diese fremden Welten in „gewöhnlichen“ Shadowrunabenteuern unterbringen zu können. Mein Fokus hingegen ist fast schon so etwas wie der Weltenwechsel als Selbstzweck.

Zum ersten Punkt:

Während solche Konflikte eigentlich niemanden zu scheren brauchen, finde ich ihn hier ärgerlich (ja das zwar auch, aber eigentlich wollte ich sagen:) bemerkenswert, weil er sich aus einer jüngeren Entwicklung in der Publikation von Shadowrun-Produkten speist.
Vielleicht mit der Ausnahme der Matrix (die mich hier aber tatsächlich am wenigsten interessiert – na gut, mit am wenigsten, der Weltraum interessiert mich nämlich auch nicht) hat Shadowrun seine fremden Welten, oder sagen wir es konkreter, seine anderen Daseins- und Bewusstseinsebenen (das ist nämlich der Schlüssel für mich) meist mit für das Spiel erstaunlich grobem Pinsel gezeichnet. Es hat mich selbst immer wieder überrascht, dass dadurch die offizielle sechste Welt ausgerechnet in den Punkten, die mir selbst am wichtigsten waren, gleichzeitig auch am kompatibelsten mit meinen eigenen Vorstellungen geblieben ist, ganz einfach, weil sie sich an diesen Stellen zu so vielen Details ausgeschwiegen hat und so – vielleicht auch einfach unbeabsichtigt? oder wegen des besagten, anders gesetzten Fokusses – die berühmten weißen Flecken, die leere Leinwand zur Verfügung gestellt hat, um seine eigenen Ideen – ob nun meine oder die sicherlich in Hülle und Fülle vorhandenen (und mich meist völlig kalt lassenden) anderer Spieler – unterzubringen.
Gerade das hat sich nach meinem Empfinden allerdings geändert, als Catalyst Game Labs damit begonnen hat, die Möglichkeiten des Mediums pdf in Sachen Mikropublikationen auszunutzen, um sich auch „Special Interest“-Themen von offizieller Seite aus anzunehmen, Themen wie dem Astralraum mit Aetherology, auf das Talasu direkt verweist, oder BTLs mit Sim Dreams and Nightmares. Mich lässt das wie so oft bei Shadowrun mit einem lachenden, einem weinenden und zwei vor ohnmächtiger Wut rot geäderten Augen zurück, denn einerseits ist es natürlich befriedigend, zu sehen wie Bereichen, die mir schon lange am Herzen lagen, endlich Aufmerksamkeit zu Teil wird, aber gleichzeitig provoziert genau dies nun den zuvor strukturell nicht angelegten Kompatibilitätskonflikt auch und gerade in diesen Bereichen. Und dann ist da eben noch dieser übermächtige Eindruck des verschenkten Potentials…

Zum zweiten:

Nachdem wir nun nebenher geklärt haben, dass es mir natürlich hauptsächlich nur um zwei von Talasus Punkten, BTLs und Metaebenen, geht, können wir uns auch hier direkt auf diese beschränken.
Das schlüsselwort wurde ebenfalls schon genannt: Bewusstsein.

Bewusstseinserweiterung
Drogen
Traumreisen

Ich glaube, wer nicht von sich aus zustimmt, dass es sich dabei in sich um absolut abendfüllende Themen für ein Rollenspiel handelt, dem werde ich das weder mit einer weiteren Batterie an Schlagworten (Charakterentwicklung, Selbsterfahrung, Transzendenz, …) noch mit irgendeiner Erklärung – zu der ich mich aktuell in der Lage sehe – näher bringen können. Und: Shadowrun selbst versucht das eben noch nicht einmal. Natürlich, wozu auch? Es geht ja auch nicht darum. Was genau der Punkt ist. Mir geht es nämlich darum.
Was interessiert mich eine Astralqueste, an deren Ende das McGuffin zur Lösung des aktuellen Runs steht?
Ich will die Astralqueste, an deren Ende die Auflösung des aktuellen Charakters steht! Der völlig verändert, geläutert, erleuchtet von ihr zurückkehrt, der – Achtung, Karnevalsthema! – durch dieses Portal eine neue welt betritt, nämlich seine alte welt, die er jetzt mit neuen Augen sieht.
Stattdessen bekomme ich das D&D Manual of the Planes, umgedichtet auf Shadowrun.
Und auf der anderen Seite des Zauns – bei den BTLs – ist es auch Essig mit den transzendenten (Selbst-)Erfahrungen oder der verschobenen wahrnehmung, der Grenze zwischen Realität und Virtualität, statt der Frage nach dem Leben (dem Universum und dem ganzen Rest) bekomme ich unter Better Than Life nur eins … die Extended Edition von „drugs are bad, ‚mkay?“. Keine aufgestossene Tür, nicht mal eine in eine Alptraumwelt aus zersplitterter Realität, bösen Trips, Flashbacks und Entzug, wenn es schon nicht die großen Fragen sein dürfen.
Sein ganz eigenes Jammertal.

Aber wie wäre es denn nun richtig?

Ach, herrje!

Das sind doch mindestens(!) zwei Artikel, die ich beide schon buchstäblich seit Jahren vor mir herschiebe.

(Das ist die Stelle, an der die Resignation einsetzt. Ich muss nochmal schnell in den oberen Teil zurückspringen, um Energie zu tanken. Bis gleich.)

Gut.
Gut.
Oder schlecht.
Je nachdem.
Ich entscheide mich für gut.
(Und kriege trotzdem schon wieder pochende Adern in den Schläfen.)
(Ich sollte die Finger von diesen Themen im Internet lassen.)

Fangen wir mit dem kleineren Ärgernis an:

BTLs

Tatsächlich lässt sich dort nämlich mit dem offiziellen Material noch halbwegs arbeiten.
Ein Perspektivwechsel und das Gröbste ist erledigt.
Konsequent den BTL-Junkie spielen, und dabei konsequent die oben skizzierten Fragen und Elemente bedienen.
Anders als Talasu sehe ich dabei weniger die „simsinnulierte“ Welt auf dem Chip/im Kopf als im Vordergrund stehend für diese Erfahrung, sondern erst einmal die „echte“ Welt… …durchsetzt mit Sequenzen, Bruchstücken, Erinnerungen (Zukunftsvisionen?) vom Chip (oder doch nicht?). Nicht so sehr zwei Welten (drei, hundertzwanzig – hundertzwanzig Tage in Seattle -, fünfhundert, tausend Welten), sondern eine Welt, eine große, verschwimmende Welt, in die der Charakter hinein und durch die er hindurch fällt.

>>>[Ich hab genug von Manhattan. Manhattan ist eine einzige grosse Sinnestäuschung. Eine Illusion. Dauer-BTL. Dauer-BTL… ohja… Manhattan war ein einziger langer Tripchip, extra quality.

Manhattan ist der Vorhof der Hölle. Der letzte Halt auf der Expresslinie in die ewige Verdammnis. Seattle, Sodom, Manhattan. …hm… eigentlich sollte DC auch noch irgendwo auf der Linie liegen. Vermutlich hab ich die Station einfach verschlafen.

Manhattan nicht. Manhattan habe ich nicht verschlafen.

Ich stand ziemlich benommen an meinem fiktiven Bahnsteig. Ich wusste zwar, dass die Dauerparty in Sodom sich ihrem Ende zuneigte, dass meine 120 Tage Urlaub bald zu Ende waren, aber ich hatte nicht die geringste Ahnung wo es als nächstes hingehen sollte. Wenn man viel chippt, dann kommt man an den Punkt, an dem man sich nicht mehr sicher ist, ob man zu einem gegebenen Zeitpunkt Realität oder Virtualität erlebt. Über diesen Punkt war ich fast hinaus. Vielleicht gab es den Anrufer gar nicht, der sich mit mir verabreden wollte. Ich ging trotzdem hin. Bei näherem Hinsehen stellte sich mein Bahnhof als Flughafen heraus. Ich wunderte mich ein wenig, dass der Flughafen von Sodom dem von Seattle so verdammt ähnlich sah.

„Du siehst scheisse aus.“ Hört man gerne als Begrüssung. Aber zumindest half es dabei mein Gegenüber für echt zu halten. Wenn man überall auf der Strasse Leute sieht, die man glaubt schon einmal getroffen zu haben, wenn man aus dem Fenster starrt, und eine Horde selig lächelnder Gesichter blickt einem entgegen, dann kommt es einem zwar nicht merkwürdig vor, plötzlich einen alten Freund wiederzutreffen, aber es überzeugt auch nicht wirklich davon, dass er auch tatsächlich da ist. „Du siehst scheisse aus“ ist dagegen schon ziemlich überzeugend. Ich weiss nicht mehr, was ich auf seine Frage, ob ich gerade drauf bin, geantwortet habe, so oder so schien er von meiner Aussage aber nicht sonderlich überzeugt gewesen zu sein. Es wurde ein wenig besser als er mich daraufhin zwang Sharp Thinking zu nehmen. Die Welt schien erwartungsgemäß plötzlich sehr viel klarer. Es war unheimlich.
Mittlerweile saßen wir zusammen in einem Bistro. Ich gab mir Mühe über meinen generellen Geisteszustand hinwegzutäuschen, und so zu tun, als ob ich ganz genau wüsste, worum es ging und weshalb ich hier saß, aber ich konnte in seinem Gesicht lesen, dass ich dabei keinen grossen Erfolg hatte. Sein letzter Satz, nachdem wir uns schon die Hände geschüttelt hatten und ich drauf und dran war mich abzuwenden, kam also nicht überraschend, aber es war trotzdem ein Tiefschlag. „Versau es nicht.“

Umziehen musste ich mich auf der Toilette der Lounge, es war überhaupt schon mehr als knapp gewesen noch den Anzug zu bekommen, und entsprechend saß er auch. Nicht dass ich für einen besseren überhaupt die nötigen Yen gehabt hätte. Zu Hause in meinem Schrank hing vermutlich noch ein akzeptablerer Anzug – vielleicht hatte ich ihn auch verkauft, ich konnte mich nicht erinnern – aber um ihn anzuziehen oder wenigstens mitzunehmen hätte ich sehr viel nüchterner sein müssen. Überhaupt, ich hatte nicht einmal Handgepäck dabei. Ich hatte meinen Stick, einen Rest Bargeld, und die Kleider an meinem Leib. Und ein Business Class Ticket nach Manhattan. Ausserdem seit kurzem auch noch einen schlecht sitzenden Anzug. Waschen und Rasieren im Flugzeug. „Versau es nicht“ ein ziemlich guter Scherz. Ich sah aus wie ein Squatter. Das gab mir auch der Fahrer zu verstehen, indem er mehr als den für mich irgendwann einmal üblich gewesenen kurzen Blick auf seinen Stickleser warf.
Auf der Fahrt ließ das Sharp Thinking langsam nach und Zeit und Raum begannen ihre vertrauten, weichen Qualitäten zurückzugewinnen. Ich konnte mich nicht erinnern, ob das Treffen heute oder morgen sein sollte, und machte mir grosse Sorgen deshalb. Bei dem Versuch mich zu konzentrieren, um mir ein paar Standardfloskeln zurück ins Gedächtnis zu rufen und schon einmal einige Sätze einzustudieren („versau es nicht“), muss ich wohl laut gesprochen haben. Zumindest sah mich der Fahrer so an. Er setzte mich vor dem Hotel ab, und war professionell genug mich nicht händeringend stehen zu lassen, sondern mir auf jede meiner (drei?) Nachfragen zu versichern, er würde mich morgen pünktlich abholen.

Am nächsten Tag sah ich immer noch aus wie ein Squatter. Ich war voll mit den billigen Schmerztabletten aus dem Schrank im Hotelbadezimmer. Mit dem Alkohol war ich ein bisschen vorsichtiger gewesen. Gerade genug, um das Zittern abzustellen. Die Zeit machte um mich herum Dehnübungen.
Dem Fahrer gab ich immer noch Grund, mich für wahnsinnig zu halten, und am Empfang machte ich eine bemitleidenswerte Figur. Als ich abgeholt wurde hatte ich Schwierigkeiten mit meinem Namen und nestelte unablässig an meiner Krawatte herum (die weder zu meinem Hemd noch zu dem Anzug passte). Die Sekretärin oben sah mich an wie ein Insekt. Als die Tür schließlich aufging trat ich auf hölzernen Beinen ein. Ich brachte geradeso eine Begrüssung heraus, meine Zunge fühlte sich seltsam geschwollen an, und meine Nervosität und Angst begann sich zu echter Panik auszuwachsen. Jemand sagte etwas. Ich war wie gelähmt. Und dann, plötzlich, machte es Klick. Irgendein alter, halbvergessener Kontakt schloß sich, und die Worte fingen an genau richtig über meine Lippen zu kommen.
Seltsamerweise wird auch genau ab diesem Augenblick, ab diesem fühlbaren Einrasten, meine Erinnerung ungenauer. Das liegt sicher an der verstrichenen Zeit, und daran, dass meine Anspannung nachließ, aber ich bilde mir gerne ein, dass es auch daran liegt, dass dies für mich ein Neuanfang war, der Beginn eines wieder normalen Lebens.
Wenigstens für eine kurze Weile.
Das Gespräch lief gut. Es gab Bedenken, ja, ich hatte Probleme gehabt, nein, das war vorbei. Erfahrung, vergangene Erfolge. Momentan? Freiberuflich. Natürlich versuchte ich, auf dem Laufenden zu bleiben, aber Sie wissen ja. 83% beim Schießen. Die Empfehlung nicht vergessen („versau es nicht“). Dann: „Sie haben doch keine Einwände dagegen, dass wir Sie askennen?“ Natürlich nicht. Jetzt war alles vorbei. Noch nicht angefangen und schon…
…werde ich dieses Lächeln nicht mehr vergessen.
Sie sagte mit mir sei alles in Ordnung.
Ich kritzelte meinen Namen unter den Vertrag.

Ermittlungsbeamter im Sicherheitsdienst.

Konzerndetektiv.

Es war erstaunlich leicht, dem Drang zu widerstehen, das Ganze wild zu feiern. „Versau es nicht.“ Und: Ich hatte es auch nicht versaut. Ich hatte es nicht versaut. Ich würde es auch nicht versauen. Dazu war ich fest entschlossen.
Das Leben hatte einen Sinn.

Zwei Monate lang lief alles blendend. Falls ich etwas verlernt hatte, merkte es zumindest niemand. Körperlich baute ich wieder auf. Viel Arbeit, viel Training, mäßig Alkohol. Keine Chips. Und Clarice. Nach dem ersten Fall hatte ich wieder genug Selbstvertrauen um sie zum Essen einzuladen. Sie sagte ja.]<<< -Fed Up With It

Damit wäre dann auch der Erzähler für den oben angesprochenen seit Jahren aufgeschobenen BTL-Artikel schon einmal zu Wort gekommen. Ich stelle diesen Teil einmal ungekürzt ein, auch wenn für die Demonstration hier vermutlich ein Auszug sogar besser geeignet wäre.

Als Kür kommt zum Perspektivwechsel noch eine andere Darstellung der BTL-Subkultur, nicht nur auf der Konsumenten- sondern auch auf der Produzentenseite, aber das dient auch nur dazu, obiges noch weiter herauszuarbeiten und zu unterstreichen. Kür, wie gesagt. Und zwar Kür, die – im Gegensatz zu dem Text oben – irgendwann einmal in besagtem Artikel landen wird.

Bei den Astralquesten bleiben wir von anstrengend langer Rollenspielerprosa verschont. Und zwar auch, weil es hier mit dem Perspektivwechsel nicht getan ist und ich stattdessen zu einem noch über Shadowrun hinausreichenden Rundumschlag ausholen muss.

Unabhängig von Shadowrun halte ich Geist- und Traumreisen für großartige Rollenspielinhalte. Das ist ein weites Feld, aus dem ich mir hier aber einen bestimmten Aspekt herauspicke. Dieser Aspekt ist Symbolsprache. Und auch das Enträtseln von Symbolsprache. Fremde – auch im Sinne von fremdartige – Welten, die sich für den oder im Geist des Charakters offenbaren und deren Sinn und Wahrheit, erst erkannt werden wollen. Wie aber so etwas in die Praxis des Spiels bringen? Auch da gibt es beliebige Möglichkeiten, aber wieder ist es eine, die mich hier und jetzt interessiert. Und das ist die konkrete Beschreibung dieser Zeichen, gleichsam als Bilderrätsel, auch für die beteiligten Spieler. Dieser Ansatz aber profitiert davon, wenn bereits ein Zeichensatz vorhanden ist, auf den sich zurückgreifen lässt, und zwar ein einschlägiger Zeichensatz, oder besser: zwei einschlägige Zeichensätze.
Ein Zeichensatz nämlich, der aus der Spielwelt heraus kommt – und da kann Shadowrun über seinen Hintergrund (wie ich persönlich finde, gerade auch in älteren Editionen – aber das ist schon wieder ein anderer Kriegsschauplatz) einiges einbringen -, und ein Zeichensatz, der aus den Charakteren heraus kommt – denn, wir erinnern uns, wir tun dies alles ja nicht, um McGuffins von Konzerngiftoberbossgeistern zu erbeuetn, sondern um eine persönliche Transformation zu unternehmen, und da sind Zeichen von einer – wenn auch vielleicht (ach was, gerade!) zu Beginn noch unklaren – persönlichen Bedeutung natürlich mehr als willkommen, für mich punktet Shadowrun dabei hier schon wieder massiv (wenn vielleicht auch indirekt über die Slice-of-Life-Zweckentfremdung, die ich irgendwo weiter oben im Text kurz angeschnitten habe – diese Art der Charakterzentrierung ist nämlich der perfekte Steinbruch, um sich mit möglichen „Privatsymbolen“ zu versorgen).
Dieser ganze Ansatz ist also durchaus nicht shadowrun-spezifisch, aber Shadowrun bringt (zufällig? unfreiwillig?) alles mit, was nötig ist, um ihn umzusetzen.
Leider steht es ihm gleichzeitig offiziell im Weg. Denn seine fremden Welten liegen außen und nicht innen. Kein Portal führt in das Innere seiner Charaktere. Weder in das seiner BTL-Junkies noch in das seiner Astralreisenden.

So. Besser.

(Und ja, mit mir Shadowrun zu spielen ist quasi unmöglich. Ein einziges Minenfeld.)

(Jetzt bin ich doch nicht mehr zum kalten Hass gekommen… seid froh, das wäre dann bloß wieder in schlechte Prosa ausgeartet.)

Ein Kommentar


  1. Das ich da so einen wunden Punkt treffe, hätte ich nicht gedacht. Aber ich muss dir in vielen deiner Aussagen recht geben. CGL lässt nur wenig Spielraum zum entfalten, aber dort wo es Raum gibt, gibt es auch keine, vielleicht absichtlich so gemacht, Grenzen, Regeln oder „Vorschriften“. Deinen Ansatz zu BTL und der verschwimmenden Welt finde ich sehr interessant und habe ich bisher nicht so gesehen. Und was die Metaebenen angeht, es scheint fast so ähnlich zu sein wie die D&D Planes. Zumindest wenn man nach den losen Erklärungen im pdf geht.

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