Editorial: Abenteuerdesign

Skizze AbenteuerD6ideas setzt seinen Fokus ja auf Gaming Content wie ihr schon oben lesen könnt. Also direkt spielbare Inhalte. Wenn dann mal eher das theoretische oder Meta-Spiel angefasst wird, dann sollte man denken ist dafür hier im Blog kein Platz. Denkste!

Für solche „Allgemeinplätze“ eignen sich unsere Editorials hervorragend. Daher werde ich dieses hier mal genau dafür nutzen.
Mir geht es gerade direkt um Kampagnen- bzw. Abenteuertypen und indirekt um zwei Buchempfehlungen. Fangen wir aber mal von vorne an.

Wie gelegentlichen Lesern der Forenszene bekannt sein dürfte gibt es zwei Extremfälle für Kampagnen und Abenteuerdesign.

Das eine ist die Allseits „beliebte“ Eisenbahn der linearen Abenteuer. Man steigt an einem Punkt ein, durchfährt in fester Reihenfolge ein paar Zwischenhalte oder Szenen und steigt dann am Ziel dem Ende des Abenteuers wieder aus. Der Interaktionsgrad in diesen Geschichten ist für Spieler klein oder nur vorgespiegelt, dafür ist die Dramaturgie und die „schöne Geschichte“ umso besser umgesetzt. Wer ein wirklich guter Spielleiter diesen Typus ist, kann seinen Spieler wahlweise so gute Geschichten erzählen, dass sie ihre fehlenden Einflussmöglichkeiten gar nicht stören, oder er ist so gut darin ihnen eben diese Möglichkeiten vorzutäuschen, dass sie sich nicht betrogen fühlen (Achtung wenn sowas auf Dauer auffliegt kann es Ärger geben).

Der andere Extremfall ist die Sandbox. Hier gibt es keinerlei Abenteuerdesign sondern nur ein sehr ausgefeiltes Settingdesign im weiteren Sinne. Hier geht es darum ein Szenario aufzubauen in dem jeder NSC möglichst zeitig erschaffen wird, eigene Motivationen, Ziele und Eigenheiten hat und natürlich eine Menge Verbündete und Feinde für jeden NSC. Daraus bildet sich dann ein kompliziertes Netzwerk, dass Geschichten mehr oder minder von selber schreibt. Szenen oder Abenteuerverläufe entwickeln sich erst im Laufe des Spielabends. Der SL hat nur einen geringen Einfluss auf einen ordentlichen Spannungsbogen, oder das eigentliche anpassen des Abenteuers an die Gruppe, aber dafür sind die Geschichten dynamisch und wirken oft auch bei näherer Betrachtung schlüssiger. Ein wirklich guter SL hier muss vor allem alle Figuren (vor allem die NSCs aber auch die Charaktere) im Kopf behalten und ihre Persönlichkeiten und Ziele nicht nur kennen sondern auch dynamisch an die Situation anpassen. Wenn man hier allerdings den Überblick verliert, dann fällt das ganze wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

Die meisten Runden (selbst viele die behaupten lineare Abenteuer oder Sandbox zu spielen) sind irgendwo dazwischen. Auch in diesem scheinbaren Limbus gibt es aber ein paar „Idealtypen“. Ich selber würde hier zwei festmachen.

Einmal die Baumstruktur oder auch das Schienennetz. In diesem geht es (wie im anderen Typus auch) um fest ausgearbeitete Szenen. Allerdings sind diese Szenen insoweit ergebnisoffen, als dass es aus jeder Szene mehrere Endpunkte und oft auch mehrere Einstiegspunkte gibt. Also so etwas wie:

Szene A und B können C einleiten und C selber führt zu D, E oder F.

Wenn man das Ganze (wie im Bild) dann aufmalt, kommt eben eine Baumstruktur (1-2 Anfangspunkte, die sich in viele kleine Verästelungen aufspalten) oder eben etwas, dass ich mal Schienennetz nenne. Bei diesem gibt es zwar meistens auch nur ein festes Ende aber zumindest unterwegs einige Weichen, die entscheiden wie man dahin kommt.

Auf der Seite, die eher der Sandbox zugewandt ist findet man dann noch die Szenensammlung. Hier werden ohne jede Ordnung Szenen gesammelt, die im Abenteuer Sinn ergeben. In Ermanglung eines besseren Namens nenne ich das mal die Schublade, denn hier werden zum Thema passende Szenen einfach ungeordnet hineingeworfen.

Um das Geschrieben mal zu verdeutlichen:

Skizze Abenteuer

Der geneigte Leser erwartet nach dieser eher trockenen Einteilung vermutlich einen Rant. Schienen sind bescheuert oder die Sandbox ist langweilig. Etwas in der Art. Mir gehts aber nicht darum. Ich bin bestimmt nicht der erste der das sagt, aber man kann das durchaus auch wiederholen: Keiner dieser Spieltypen ist besser als der andere!

Ob ich mir nun eine wirklich gute Geschichte erzählen lasse und das toll finde (immerhin ist eine Figur die ich mir ausgedacht habe Hauptfigur in diesem „Hörbuch“ und manche SLs SIND begnadete Geschichtenerzähler) oder ob ich in einer möglichst realistisch agierenden Umwelt selber entscheide. Beides ist kurzweilig und kann Spaß machen, auch wenn es nur wenige gibt die beides genießen.

Wozu also der ganze Vorbau? Zum einen um selber einmal meine Gedanken zu dem Thema zu ordnen zum anderen um wirklichen Neulingen mit der Thematik einen kleinen Ausblick auf die Grabenkämpfe zu geben, aber nicht zuletzt deswegen, weil ich zwei wirklich gute Bücher empfehlen will!

Einmal das Adventure Creation Handbook von Cherie Arbuckle und einmal Play Unsafe von Graham Walmsley.

In keinem der Bücher werdet ihr der Weisheit letzten Schluss finden. Ich gehe sogar soweit, dass ich keinem der Bücher etwas gelesen habe, dass ich nicht schon „irgendwie“ vorher wusste. Allerdings hat es mir ungemein geholfen die jeweiligen Konzepte endlich mal ausgeschrieben und vor allem strukturiert zu lesen, so dass sich viel Bauchgefühl zu Wissen verwandelt hat. Auch dem SL, der schon meint alles zu wissen würde ich einen Blick in diese Bücher empfehlen.

Die Methoden von Play Unsafe eignen sich vor allem für „die Schublade“ und vielleicht „die Sandbox“ während das Adventure Creation Handbook eher für „den Baum“ und in Maßen wohl auch für „die Schublade“ geeignet ist. Dasselbe erzählen sie aber auf keinen Fall. Im Gegenteil: die methodische Vorbereitung aus dem A.C.H. (werde schreibfaul) widersprechen ziemlich direkt den Mechaniken zum spontanen Improvisieren aus Play Unsafe.

Wer von euch also was braucht.. überlegt es euch selbst. Immerhin habe ich auch deswegen die Typen vorher erklärt.

Soviel zum Wort zum Sonntag wie?

Besser ich sag euch mal was diese Woche so drankommt (dieses Mal übrigens 6 Artikel, nachdem wir letzte Woche endlich damit angefangen haben die Anzahl der Artikel mit unserem namensgebenden W6 auszuwürfeln):

Deutsch:
Am Montag gibt es eine neue Seite von Shadoms d6 Atlas – diesmal mit einer Landschaft statt einer Karte als Handout oder zur Inspiration.
Am Freitag kommt ein Blue Planet-Artikel von blut_und_glas – Hintergrund und Werte für die Topterroristin C. A. Nada.
Am Freitag bringt Nogger zusammen mit blut_und_glas Kill the Ones You Love, ein Abenteuerkonzept für SLA Industries.

Englisch:
Am Montag gibt es Shadoms Atlas mit englischem Begleittext.
Am Mittwoch kommt das englischsprachige Original des Blue Planet-Artikels über C. A. Nada.
Am Freitag präsentieren wir Kill the Ones You Love auf Englisch.

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