Wie schon letzte Wochen hat auch dieses Editorial zwei Themen. Eines mit Newscharakter und ein inhaltliches.
Die News diese Woche sind, dass d6ideas in Zukunft näher mit den Teilzeithelden zusammenrücken wird. Die Kooperation eines Blogmagazins, das in erster Linie Spielmaterial veröffentlicht und im Hintergrund eine Werkstatt für ebensolches bietet, mit einer Seite, die sich dem Thema Rollenspiel und Phantastik aus der Perspektive eines klassischen Magazins annähert, ist eine so natürliche Ergänzung, dass wir uns alle fragen, warum wir eigentlich nicht vorher darauf gekommen sind.
Aber genug der Vorrede. Das eigentliche, inhaltliche Thema dieses Editorials ist die Fortsetzung der Betrachtung zu Politik im Spiel.
Nachdem ich letztes Mal am Beispiel von Blue Planet die Behauptung aufgestellt habe, dass strukturierte Information auch in Abwesenheit strukturierter Regeln eine ideale Grundlage für eine funktionierende politische Dimension im Spiel bietet (wir erinnern uns – Blue Planet hat keine nennenswerten Interaktions- geschweige denn Politikregeln, bietet aber einiges an Settinginformation zur politischen Situation und Struktur und liefert ein sehr übersichtliches Modell die Ziele und Motive von Charakteren zu vermitteln), möchte ich diesem also eher rationalen Zugang eine immer noch regellose jedoch eher emotional getriebene Alternative gegenüberstellen.
Das Ganze wieder an Hand eines Praxisbeispiels, wofür ich dieses Mal D&D 3.5 heranziehen möchte.
Dieses Spiel ist, trotz langer Tradition von spielerverwalteten Ländereien in früheren Inkarnationen, ebenfalls nicht unbedingt für seine Verankerung von Politik im Kern – oder gar in den Regeln – berühmt.
Nicht trotzdem sondern gerade deswegen habe ich aber eines meiner intensivsten „politischen“ Spielerlebnisse mit diesem Spiel und dieser Edition gemacht.
Zu verdanken habe ich dieses Erlebnis der über Stufenanstiege exponentiell eskalierenden Macht und Möglichkeiten von D&D-Charakteren verbunden mit der Ausrichtung des Systems auf… seien wir ehrlich, gewalttätige Konfliktlösung.
Eigentlich sprach nichts – weder die Regeln, noch das Setting, die individuelle Kampagne oder die Charaktere – dafür eine besondere Wendung zum Politischen hin zu nehmen.
Ganz im Gegenteil, war doch alles und jeder auf rücksichtsloses Abmurksen und Zertrümmern auf und unter der Erde, mit ein paar kriminalistischen Einsprengseln und lockerem Stimmungsgequatsche davor und zwischendurch gebürstet.
Daran änderte sich auf den ersten Blick auch über die Stufen hinweg zunächst wenig. Das einzig „Politische“ war zunächst, dass einflussreichere NSCs zuweilen als Auftraggeber auftraten. Unbeeinflusst davon ging das Spiel aber letztlich weiter wie zuvor.
Es hätte auch eigentlich immer so weiter gehen können, selbst als die Charaktere selber eher beiläufig in Machtpositionen hineinrutschten. Auch in dieser Situation hätte sie nichts daran gehindert, Probleme weiterhin durch Draufhauen (oder Einsatz magischer Kräfte) zu lösen.
Ganz plötzlich taten die Spieler das aber nicht mehr.
Stattdessen wurde verhandelt und geplant, Allianzen geschmiedet, Ämter geschachert, Handelsabkommen geschlossen und was da der politischen Aktivitäten in Fantasywelten noch mehr sind. Vom Kämpfen hingegen wurde ganz explizit Abstand genommen.
Was war geschehen?
Ich habe immer wieder darüber nachgedacht, wie und warum sich ausgerechnet diese Kampagne so vollständig umkrempeln und in einen politischen Spielplatz par excellence verwandeln konnte. Mittlerweile glaube ich, dass der Schlüssel, wie zu Beginn angedeutet, im emotionalen Bereich zu suchen ist. Über die Dauer der Kampagne hinweg sind den Spieler eine Reihe von – wichtigen wie unwichtigen – wiederkehrenden NSCs ans Herz gewachsen. Gleichzeitig wurden diese NSCs im Vergleich mit den Charakteren der Spieler immer zerbrechlicher.
Gefahren, in die sich die Spielercharaktere hätten bedenkenlos stürzen können, wurden für ihr „Umfeld“ zu mehr als tödlichen Bedrohungen. Und aus der Sorge um diese verwundbaren NSCs (von denen viele eigentlich wenig mehr als Kolorit waren!) strebten die Spieler und ihre Charaktere auf einmal nach einer möglichst friedlichen Welt. Natürlich waren da noch Konflikte (von Nekromantenreichen zu sich bekriegenden Drachenclans und mehr), aber keiner wollte das mehr direkt ausfechten – zu gefährlich… …für die NSC-Freunde, nicht etwa für die Charaktere selbst. Also wurde Politik gemacht. Mal wieder ohne Regeln.
In der nächsten Woche machen wir nicht besonders viel Politik, aber da unser W6 eine 5 gezeigt hat immerhin besonders viele Artikel.
Deutsche Artikel
Am Montag liefert Shadom die nächste Seite für den d6 Atlas.
Am Donnerstag gibt es einen Artikel mit neuen Biomods für Blue Planet-Charaktere.
Englische Artikel
Am Montag erscheint die neue Atlasseite mit englischem Begleittext.
Schon am Donnerstag taucht die englische Version der Blue Planet Biomods auf.
Und am Freitag gibt es den zweiten Teil unserer Serie über Advanced Classes für The Red Star.