Die Pest, die vier Elemente, und der Karneval

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„Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;

[…]

Es möchte kein Hund so länger leben!
Drum hab ich mich der Magie ergeben,
Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
Nicht manch Geheimnis würde kund;“

-Goethe, Faust: Der Tragödie Erster Teil

Da ist uns Unknown Armies.de mit der wirklich exzellenten Platon Group glatt zuvorgekommen, was den Karneval der Rollenspielblogs zum Thema Feuer, Wasser, Erde, Luft angeht:

Während wir noch debattiert haben, ob wir uns an einer elementaren Anwaltskanzlei, einem Gericht, oder nicht doch eher einem Ingenieursbüro versuchen sollten, hat im Haus der Renunziation die elementare Werbeagentur schon ganz handfeste Gestalt angenommen.

Und dann haben diese Werbefritzen mit ihrer okkulten Kampagne zur Übernahme Pittsburghs uns auch noch das klassische Faust-Zitat zu den Elementen als Einleitung abspenstig gemacht!

Ein veritabler Dr. Faust – wenn nicht gar der legendäre Doktor höchstselbst – ist es allerdings auch, der Jahrhunderte vor den Aspirationen amerikanischer Marketingadepten den Grundstein für eine ganz andere elementare Untergrundgruppierung legt…

Angesichts eines Ausbruchs der Pest an seiner lebenslangen Wirkstätte, einer alten Universitätsstadt, am Ende seines gewöhnlichen Lateins angekommen, verbindet dieser Gelehrte zuletzt sein ärztliches Wissen mit magischen Mitteln, um sich und seinen Patienten zu helfen.

Die Krankheit, so seine Überlegungen, beruht auf einem Ungleichgewicht der Säfte. Dieses Ungleichgewicht ist so stark, dass es mit gängigen Mitteln nicht schnell genug beseitigt werden kann. Die Säfte der Kranken müssen also rascher wieder ausgeglichen werden.
Die Säfte finden ihre Entsprechung in den Elementen. Die Elemente in ihrer reinen Form unterstehen Geistern, die Macht über sie haben. Die Geister aber können beschworen und gefügig gemacht werden…

Eingeschloßen in seinem Laboratorium in den Kellergewölben der Universität bleibt das Bitten und Flehen seiner Kollegen und Mitbürger in den langen Wochen seines Brütens unbeantwortet. Umso größer das Aufatmen, als sich diese verschloßenen Pforten wieder öffnen, und über der überwältigenden Freude über den Erfolg der folgenden Heilung, geht ganz die Verwunderung darüber verloren, dass statt dem erwarteten einen, gleich vier vermummte Pestärzte das Gewölbe verlassen und an die Betten der Kranken treten.

Durch den Befehl des alten Meisters “die Kranken der Stadt zu heilen” sind die vier Elementarwesen selbst Jahrhunderte nach dessen Tod noch immer an diesen Ort und ihre Aufgabe gebunden. Ursprünglich in der Uniform des Pestarztes durch Mantel und Schnabelmaske den direkten Blicken der Menschen entzogen, haben die Geister dabei im Laufe der Zeit und durch ihren langen Kontakt mit den Menschen gelernt ihre Verkleidungen, ihr eigenes Äußeres und auch ihr Verhalten anzupassen, um der Entdeckung zu entgehen und weiterhin das ihnen auferlegte Werk zu tun. Selbst der Humoralpathologie haben sie – notgedrungen – weitgehend abgeschworen.
Allerdings hat die Universitätsklinik vier ungewöhnlich medizinhistorisch interessierte Fachärzte mit einem Hang zu nicht minder ungewöhnlichen – dabei aber so gut wie immer erfolgreichen – Konsilen aufzuweisen.

Element: Feuer
Name: Markus Brandt
Spezialgebiet: Chirurgie
Beschreibung:
Chirurgie ist vielleicht die direkteste Form der Medizin. Ihr Name selbst ist Rückgriff auf Handwerk, Tat, harte Arbeit. Es geht nicht darum Hand auf- sondern anzulegen. Analysen und Diagnosen werden blitzschnell gestellt, um eine akute Situation zu beheben: Aufschneiden, Abschneiden, Zunähen.
Entsprechend ist Prof. Dr. Markus Brandt nahezu unangenehm direkt. Als Dozent ist er berüchtigt, Prüflingen im Examen ein Organ oder Stück Gewebe zu zeigen und zu fragen: “Was ist das?”
Von den vier Elementaren, brennt der Rachedurst des Feuerelementars am hellsten und sein Wunsch, die magischen Fesseln, die ihm aufgezwungen wurden abzuwerfen treibt ihn weiterhin an. Dass manche seiner Kollegen derart in ihrer Aufgabe aufgehen löst in ihm weitesgehend nur Verachtung und Ekel aus. Anders als sie, ist er skrupellos bei der Suche und dem Versuch, ihren Bann zu lösen. Sollte ein erfolgsversprechendes Ritual, die Milz eines 4-jährigen Mädchens erfordern, würde Dr. Brandt sich als erster aufmachen, eine solche aufzutreiben.

Element: Wasser
Name: Sarah Lafontaine
Spezialgebiet: Psychiatrie
Beschreibung:
Die ältliche Dr. Lafontaine beharrt gerne darauf “Nervenärztin” zu sein. Und so wie ihr Sprachduktus hinterlässt auch ihr gesamtes Auftreten und Verhalten einen einerseits altmodischen und andererseits schlicht sturen Eindruck. Die gleiche Zähigkeit mit der sie Kollegen – insbesondere Prof. Brandt – dabei häufig zur Weißglut treibt, lässt sie in ihrem für langwierige Erkrankungen bekannten Feld brillieren und als Ruhepol für viele ihrer Patienten wirken.
Nachdem sich die anfänglichen Wogen der Beschwörung geglättet haben, ist die Undine viel zu träge, um von sich aus noch gegen ihren Bann aufzubegehren. Sie füllt das Gefäß ihrer Rolle aus und erwartet ihre Aufgabe auch noch bis ans Ende der Tage auszuführen. Einzig der Gezeitenwechsel von einer Rolle in die nächste vermag sie in Wallung zu bringen, wobei die rüstige Dr. Lafontaine dazu vorerst noch keinen baldigen Anlaß zu geben scheint.

Element: Erde
Name: Dietrich Müller
Spezialgebiet: Pathologie
Beschreibung:
Der riesenhafte Dr. Müller mit seinen schaufelartigen Pranken bemerkt gerne, dass an ihm ein guter Chirurg verloren gegangen sei (“was, Brandt?”). Wobei dieser Ausspruch je nach Tagesform eher einen gutmütigen Humor oder scheinbar echtes Bedauern zum Ausdruck zu bringen scheint. Tatsächlich ist die Genauigkeit und Fingerfertigkeit von Dr. Müller im Umgang mit seinen Präparaten geradezu legendär, ebenso wie sein enzyklopädisches Wissen, das er zum Unmut vieler jüngerer Kollegen und Studenten allerdings nur zögerlich preisgibt und eher dazu neigt es eifersüchtig zu horten.
Wissen ist dabei nicht der einzige Schatz, den das Erdelementar bewacht. Unter dem Fliesenboden von Dr. Müllers Reich im Keller des ältesten Gebäudeteils ist der Bannkreis verborgen, mit dem die vier Elementare ursprünglich in ihre Form und zu ihrer andauernden Fron gezwungen wurden. Die Furcht davor, was mögliche (post)moderne Okkultisten hiermit anfangen könnten, hält die Elementare davon ab, sich diesem Geheimnis näher zu widmen, auch wenn Prof. Brandt hin und wieder darauf drängt – bisher war der Erdgeist aber noch jedesmal zur Stelle, um ihn von vorschnellen Versuchen abzuhalten.

Element: Luft
Name: Sylvia Hauch
Spezialgebiet: Pädiatrie
Beschreibung:
“Dr. Sylvie” ist der Star der Kinderstation. Mit ihren kleinen – und nicht mehr ganz so kleinen – Patienten findet sie stets mit spielender Leichtigkeit eine Ebene und versprüht dabei einen krankhaft ansteckenden Optimismus, vor dem sich auch Angehörige und Kollegen kaum retten können. Dass sie auch Mißerfolge – und Todesfälle – mit ebensolcher Leichtigkeit behandelt geht darin unter.
Tatsächlich ist das ganze Auftreten des Luftgeistes Dr. Hauch eine leere Hülle, in der sich ein skrupeloses – und im Gegensatz zum besessenen Dr. Brandt ziel- und richtungsloses – Geschöpf verbirgt, das ganz seinen eigenen Launen folgt. Ob das Elementar überhaupt noch den Zwängen der Beschwörung unterliegt, oder ob es lediglich weitschweifend in ihnen herumstreift ist fraglich. Für Dr. Sylvies Patienten jedenfalls ist es so oder so ein gefährliches und völlig unberechenbares Spiel…

Ein Kommentar


  1. Kann das höfliche Lob nur zurückgeben. Das faustische Ärztequartett wird sicher bald in meinem deutschen Kampagnenbackground auftauchen. Aber warum hab ich bei Dr. Brandt nur immer Jan Josef Liefers vor Augen? 🙂

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