Es heißt, die Parsa, deren Schiffe von jenseits des Arasmeeres manchmal die Handelsstadt Urupa erreichen, hätten die Geißel in Zitadellen aus Glut und Feuer überwunden. Wie für die Bewohner Barsaives ist der Kampf gegen die Schrecken aber auch für die Parsa noch nicht zu Ende. Erst recht nicht für diejenigen von ihnen, die mit dem Orichalkum-bedeckten Schiff Suzahmoug im Hafen von Urupa angelegt haben…
Die Lügen aus der Vergangenheit
Um zu verstehen, was die Parsa nach Urupa führt und was es mit ihrem Schiff Suzahmoug auf sich hat, reicht es nicht, sich in den Archiven der großen Bibliothek von Throal zu vergraben oder mit barsaivschen Reisenden und Gelehrten zu korrespondieren. Die Parsa selbst mögen Fremden gegenüber manchmal bis zur Feindseligkeit verschlossen erscheinen, aber wer einmal ihr Vertrauen erringt, dem werden sie trotz aller aus schmerzlichster Erfahrung geborener Vorsicht tiefe Einblicke in ihre Legenden über das Schicksal ihres Volkes während der Geißel geben, denn in diesen liegt das Geheimnis ihres Aufenthalts in Barsaives großem Hafen am Arasmeer begründet, und nur durch diese hoffen sie, der Bedrohung durch einen alten Feind noch ein weiteres Mal widerstehen zu können.
Umschlossen von schier unüberwindbaren Wänden aus reinem und reinigendem Feuer, wie sie waren, hatten die Flammenzitadellen der Parsa doch eine große Schwäche. Anders als die Kaers theranischer Bauart, wie sie in Barsaive und vielen anderen Teilen der Welt konstruiert wurden, waren die Zitadellen nach oben hin offen. Mochten die Flammen ihrer Schutzwälle noch so hoch schlagen, über ihnen erstreckte sich doch noch so viel weiter der freie Himmel, und aus diesem hinab stoßende oder sich giftigen Wolken gleich gemächlich absenkende fliegende Schrecken waren eine stetige Bedrohung für die heiligen Zufluchten.
Nach allen anderen Seiten hin verlässlich geschützt, gelang es den Verteidigern der Zitadellen aber doch meist, diese Angreifer abzuwehren, auch, da die Legenden über jene fliegenden Schrecken sie als zwar mächtige, aber vereinzelt auftretende Wesenheiten oder als von reiner Zerstörungslust getriebene Schwärme ohne Verstand beschreiben. So blieben ihnen die langen, zermürbenden Abwehrschlachten und Belagerungen erspart, mit denen sich Schrecken andernorts langsam und beharrlich, fingerbreit um fingerbreit an die unterirdischen Kaers heran- und in ihre Verteidigungsanlagen hineingruben, bis sie das zersetzende Gift der Befleckung durch irgendeine mit wortwörtlich unnatürlicher Geduld geschaffene, haarfeine Ritze hineinspritzen oder sich selbst unbemerkt durch einen solchen Riss zwängen konnten. Darauf angewiesen, weithin sichtbar aus der Luft zu kommen, oder von vornherein ganz unfähig sich überhaupt über die Flammen zu schwingen, waren den meisten Schrecken, die das Feuerland heimsuchten, solche Erfolge verwehrt.
Anders Gramayn, dem Zermalmer, dem großen Erzfeind der Parsa, denn zwar wurden auch seine Horden, mit denen er zuvor Siedlung um Siedlung zu Staub zerieben hatte, von den Flammenmauern zurückgeworfen, aber da, so heißt es, warf Gramayn Schiffe und Felsen in den Himmel, ließ sie von Konstrukten, verdorbenen Namensgebern und niederem Schreckensgezücht bemannen, und begann die Zitadellen aus der Luft zu belagern.
Unentwegt hing seine fürchterliche Armada über den Zufluchten, oft nur drohend und die Gemüter niederdrückend, oft genug Geschosse oder unausprechlichen Unrat in den Kreis aus schützenden und gleichzeitig einengenden Flammen hinabregnen lassend, und manchmal gar zum Sturm ansetzend, mit wahnsinnigen Berserkern, die sich von den Schiffen hinabstürzten, geführt von mit ihren fliegenden Reittieren verwachsenen Auserwählten des Zermalmers, und all das während Gramayns eigener Einfluss sich in den Schattenflecken unter seiner Flotte wispernd breit machte, die nun kein Sonnenstrahl mehr erreichen konnte.
Egal wie sehr die Verteidiger die Flammen anfachten, sie konnten nicht hoch genug schlagen, um Gramayns Armada zu vertreiben, kein Pfeil und kein Speer konnte sie erreichen. Und wenn es doch einmal gelang, eines der Gefährte zu treffen, so wandelte sich das Freudengeschrei der Verteidiger schnell in Entsetzen, wenn das einzelne beschädigte Schiff auf die Zitadelle zu stürzen drohte, während die übrigen einfach unter entseztlichem Heulen und Hohngelächter noch höher stiegen.
Was die Verteidiger der Flammenzitadellen brauchten, das waren eigene Himmelsgefährte, um Gramayns Schreckensflotte wirkungsvoll bekämpfen und vernichten oder doch wenigstens in die Flucht schlagen zu können. Sie hatten auch einige alte Schiffsrümpfe in den Zitadellen, aber sie wussten nicht, wie sie diese dem Zermalmer gleich in die Luft befördern sollten. Und selbst wenn ihnen dies gelänge, so würden doch ihre wenigen Schiffe gewiss im Strudel seiner gewaltigen Armada zerrieben werden.
Das reine und reinigende Feuer, das das Gute und Wahre erstrahlen lässt und das Falsche und die Lüge verbrennt, sollte die Rettung der Parsa sein, wie auf Erden, so auch im Himmel.
Statt mit Segeln, bespannten sie die Masten ihrer Schiffe mit Flügeln, und weil Flammen gen Himmel schlagen, goßen sie das heilige Feuer über diesen Schwingenschiffen aus, die so auf Flügeln und Feuer aufstiegen. So überkamen sie die erste Lüge, mit der Gramayn sie hatte glauben machen wollen, dass er und seine Flotte unerreichbar für sie seien.
Auf ihren flammenden Himmelswagen aber standen die Feuerpriester der Parsa und ließen die heilende Kraft des Feuers, die sonst sie selbst durchflutete, durch die Körper der Besatzung und durch die Rümpfe der Schiffe strömen, die sich, während sie noch knisterten und verkohlten, sich stärker als jemals zuvor wieder zusammenfügten. Mit diesem Opfer überkamen sie die zweite Lüge, dass Gramayn und seine Flotte unbesiegbar durch sie seien.
Die Wahrheit über die Suzamhoug
Die Suzamhoug ist einer der flammenden Himmelswagen der Parsa. Es bedarf wenig mehr, als die Feuerschalen mit elementarem Feuer zu füllen und ihren unlöschbaren Brand über das geschwärzte Holz des Decks auszugießen, um ihre Orichalkumverzierungen zum Glühen, den Teer zwischen ihren Planken zum Brennen zu bringe, und so das ganze Schiff mit einem Netz feuriger Linien zu überziehen, während die Suzamhoug sich langsam aus dem Wasser und auf den Feuerflügeln der Legende in den Himmel erhebt.
Die Suzahmoug zählt als gewöhnliche Galeere mit militärischer Besatzung. Sie ist nicht mit Feuerkanonen sondern mit den in Barsaive als Drachenatem bekannten Feuerprojektoren bewaffnet.
Wird das Wahre Feuer aus den Flammenschalen ausgegossen, so geht die Suzahmoug in Flammen auf. So lange sie brennt, erleidet sie jede Schiffskampfrunde Stufe 8 Schaden gegen den ihre Panzerung nicht hilft. Sie brennt so lange weiter, bis das Feuer gelöscht oder das Schiff zerstört ist. Der Brand verzehrt ein Körnchen Wahren Feuers pro Schiffskampfsrunde. So lange noch Wahres Feuer vorhanden ist, kann er nicht mit gewöhnlichen Mitteln gelöscht werden, sondern nur mit Wahrem Wasser, wobei jeweils ein Körnchen Wahren Wassers ein Körnchen Wahren Feuers auslöscht.
So lange die Suzahmoug in Flammen steht und sich noch elementares Feuer an Bord befindet, zählt sie als Luftschiff. Ihre Geschwindigkeit und Manövrierbarkeit steigen auf jeweils 10. Ihre fanatisierte Besatzung aus Feuer anbetenden Parsa erhält in dieser Zeit einen +20 Bonus auf Moral. Hölzerne Schiffe, die mit ihr in Berührung kommen, beispielsweise bei einem Ramm- oder Entermanöver, fangen ebenfalls Feuer und erleiden Stufe 8 Schaden jede Schiffskampfrunde bis das Feuer gelöscht ist.
Wenn das Feuer an Bord der Suzamhoug gelöscht wird oder ihr Vorrat an Wahrem Feuer aufgebraucht ist, kann sie nicht mehr fliegen. Befindet sie sich dann noch in der Luft, stürzt sie zu Boden und zerschellt.
Die Sorgen des Hor Kharivar
Der alte Ork ist einer der Feuerpriester der Parsa und wird von ihnen mit größter Ehrfurcht behandelt, mehr noch für sein Wissen und seine Weisheit als für seine Kräfte als Elementarist. Hor Kharivar ist die treibende Kraft hinter der Fahrt der Suzamhoug nach Urupa und Hor Karivars treibende Kraft dabei sind die Sorgen, die ihm aus seinem Wissen, seiner Weisheit, und seinen Kräften als Elementarist erwachsen.
Sein Wissen bereitet ihm große Sorge, denn er weiß um Gramayns dritte Lüge, die gewesen sein soll, dass er endgültig besiegt wurde und seine Schreckensflotte niemals zurückkehren wird.
Seine Weisheit bereitet ihm große Sorge, denn wenn er in die Gesichter der Besatzung der Suzamhoug blickt, sieht er junge Frauen und Männer, die zwar die Legenden gehört haben und in denen der Glaube brennt, die aber noch niemals selbst das lebendige Feuer eines brennenden Himmelswagens mit eigenen Augen gesehen, geschweige denn am eigenen Leibe gespürt hätten.
Seine Kräfte als Elementarist bereiten ihm aber die größten Sorgen, denn er beherrscht zwar die rituellen Kniffe, um die brennende Suzamhoug am Himmel zu halten, spürt aber, dass sein Alter und seine Vernachlässigung der körperlichen Aspekte seiner Disziplin, ihn diese Rituale nicht lange durchhalten lassen werden.
Vornehmlich seiner ersten Sorge ist die Reise nach Urupa geschuldet.
Gegen seine zweite Sorge hält er die abendlichen Feuermessen ab, die die Besatzung an die Kraft der Suzamhoug, wenn auch in gezügelter Form, gewöhnen sollen.
Gegen seine dritte Sorge ist Hor Kharivar machtlos. Dabei fürchtet er nicht den Opfertod, wohl aber, dass dieser vergebens sein könnte.
Befestigendes Feuer
Talent: Heilendes Feuer oder Feuerblut
Rang: 6
Überanstrengung: 3
Indem er schutzlos in eine der Flammenschalen tritt, deren elementares Inferno ein Flammenschiff der Parsa verzehrt, kann er das Schiff mit seiner eigenen Lebenskraft stärken. Dieses Ritual dauert eine Schiffskampfsrunde, an deren Ende eine Talentprobe gegen die Panzerung des Schiffes abgelegt wird. Bei Erfolg wird der erlittene Schaden des Schiffes um das Resultat der Probe reduziert. Für jeden Erfolgsgrad über durchschnittlich werden außerdem die Auswirkungen eines erlittenen kritischen Treffers rückgängig gemacht. Am Ende des Rituals erleidet der Adept Schaden durch das elementare Feuer. Die Stufe des Schadens ist abhängig davon, wie oft er bereits von diesem Kniff Gebrauch gemacht hat. Der Schadensstufe beträgt 8 beim ersten Einsatz des Rituals und steigt für jedes weitere Mal um +2. Jedes Mal, wenn die Talentprobe nur einen schlechten Erfolgsgrad erreicht, steigt die Schadensstufe zusätzlich um +2. Wenn das Flammenschiff in der Zwischenzeit gelöscht wurde, wird wieder von vorne begonnen zu zählen.
Nachwort
Es ist vielleicht keine Neuigkeit mehr, dass wir uns bei Spiele im Kopf und d6ideas immer wieder in Sachen Earthdawn treffen. Das von Greifenklaue organisierte Thema „Schiffe und Kapitäne“ ist nun aber das zweite Mal, dass wir uns sogar dazu verabredet haben, gemeinsame, aufeinander aufbauende und ineinander verzahnte Earthdawn-Artikel für den Karneval der Rollenspielblogs zu schreiben.
Diesmal ist es die Geschichte der Suzamhoug. Deren Herkunft und Rolle als Handelsschiff auf dem Arasmeer wird in diesem Artikel bei Spiele im Kopf beschrieben, und deren Geschichte und Rolle als Kriegsschiff oben zu lesen ist.
Wie schon bei unseren vorherigen geplanten (und ungeplanten) Kooperationen stammt die Inspiration und die allermeiste Grundlagenarbeit – hier vor allem die Beschreibung der Parsa als einer neuen Region und Kultur – von Spiele im Kopf. Aber nicht nur das, nachdem er zuletzt schon das Kooperationslogo für „W6 Ideen im Kopf“ gestiftet hat, hat er dieses Mal auch noch nicht nur seinen eigenen Artikel sondern auch noch gleich meinen illustriert. Dafür, viel mehr aber noch für die großartige Inspiration und den Antrieb, auch einmal wieder einen etwas längeren Text zu schreiben, von ganzem Herzen Danke.
Bild
Klaus Westerhoff: „Der Himmelswagen“, Creative Commons CC BY-NC-SA 4.0
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Das Danke erwidere ich, ebenfalls von ganzem Herzen. Denn wo ich mich in meinem Text in bloßen Andeutungen ergehe, ist es erst die mythische Bedeutung des Flammenschiffes (samt neuer Regelelemente!) in diesem Artikel, die diese Kooperation zu einer wirklich runden Sache macht.