In Deutschland gibt es derzeit wohl kein prominenteres und heißeres Thema als die Diskussion um das Urheberrecht in Zeiten des Internets. Hierzulande liegt das sicherlich auch am Aufstieg der Piratenpartei, aber auch in anderen Ländern ist hier viel in Bewegung. Der Konflikt wird einerseits bestritten von Seiten der Gesetzgeber, die realisiert haben, dass das Internet mit bestehendem Recht nicht zu regulieren ist, andererseits von Seiten der Netzgemeinde, die sich die liebgewonnenen Freiheiten im Netz nicht nehmen lassen will und stattdessen sogar auf eine Übernahme von Netznormen in die „Realwelt“ drängt.
An dieser Stelle ist es sehr bedauerlich dass Pen&Paper- bzw. Tabletop-Rollenspiel nicht prominenter ist, denn viele der Fragen die in der Urheberrechtsdebatte jetzt verhandelt werden sind für uns schon seit den ersten Tagen des Rollenspiels relevant.
Betrachten wir ein typisches Szenario:
Ein Spielleiter versammelt eine Gruppe von Spielern um ein neues System auszuprobieren. Da er die Original-Charakterbögen des RPGs eher mau findet, verteilt er einen Satz alternativer Bögen, die er aus dem Netz geladen hat. Da er als einziger im Besitz aller nötigen Regelwerke ist, reicht er diese während der Charaktererschaffung in der Gruppe herum. Schließlich leitet er das erste selbstentworfene Abenteuer basierend auf dem mitgelieferten Setting.
In diesem kurzen Text finden sich mindestens vier potentielle Konflikte mit dem Urheberrecht:
1. Die Verwendung von nichtoriginalen Charakterbögen.
Typischerweise erlauben Rollenspielverlage das kopieren vorgefertigter Charakterbögen zum persönlichen Gebrauch, das Erstellen eigener ähnlicher Charakterbögen und die Verbreitung via Internet geht darüber klar hinaus. Durch das kopieren und weiterverteilen innerhalb der Gruppe beteiligt sich der Spielleiter an der Verbreitung einer potentiell illegalen Kopie.
2. Die Weiterreichung der Regelwerke innerhalb der Gruppe
Hier wird ein Werk, von dem eine einzelne Kopie erworben wurde, geteilt. Diese Teilung geht über den Privathaushalt des Besitzers der erworbenen Kopie hinaus. Noch fragwürdiger wird der Vorgang wenn der Spielleiter auch noch auf die Idee kommt, bestimmte Tabellen oder Passagen zu kopieren und seinen Spielern in die Hand zu drücken.
3. Eigenes Abenteuer basierend auf dem mitgelieferten Setting
Das Setting ist der am klarsten vom Urheberrecht geschützte Teil eines Rollenspiels. Unzählige Urheberrechtsstreitigkeiten drehen sich um „Bearbeitungen“ solcher Materialien und nichts anderes ist ein eigenes Abenteuer. Der Graubereich der Schöpfungshöhe entscheidet hier, ob man das ursprüngliche Werk nur plagiiert oder tatsächlich ein eigenes Werk geschaffen hat, was die Dinge aber auch nicht einfacher macht.
4. Das Spielleiten an sich
Man kann bei der Gruppe im stillen Kämmerlein zuhause noch darüber diskutieren, sobald man aber ein Rollenspiel auf einer Veranstaltung wie einer Convention leitet führt man definitiv eine öffentliche Aufführung eines urheberrechtlich geschützten Werkes aus. Wagt man es als SL auch noch dabei Musikuntermalung zu verwenden ist das ein Fest für die GEMA – und die verstehen da GAR KEINEN Spaß.
Natürlich ist vieles davon von den Herstellern der Produkte explizit gewollt. Dennoch ist die einzige Rechtsgrundlage auf der dieses bisher funktioniert keine: Sie beruht nämlich ausschließlich auf der Nichtinanspruchnahme von gesetzlichen Rechten und rechtlichen Mitteln zu deren Durchsetzung durch die Hersteller.
Weiter Fragen sowie den noch viel problematischeren rechtlichen Sumpf der Verbreitung von Fanmaterial zu existierenden Rollenspielen betrachten wir demnächst, zunächst machen wir einen Kopfsprung in diesen Sumpf mit folgenden Artikeln:
Am Dienstag liefert uns blut_und_glas den dritten Teil seiner Advanced Classes für Red Star in Englisch.
Am Donnerstag haben wir etwas neues und stellen Euch einen NSC für Shadowrun in Deutsch zur Verfügung.
Am Samstag gibt es den NSC von Donnertag auch nochmal in Englisch.